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Eine gute Nachricht: 
Die Wahlen aus israelischer Sicht

Die nervenaufreibende Wahlnacht in Deutschland nahm auch in der israelischen Presse breiten Raum ein. Während sich die verschiedenen Zeitungen über Gerhard Schröder nicht einig sind, steht für alle doch eines ganz klar fest: Aus israelischer Sicht ist der "Sieg" Joschka Fischers eine gute Nachricht. In Jerusalem schätzt man den deutschen Außenminister sehr und unterhält enge Beziehungen zu ihm. Ein kleiner Streifzug durch die Berichterstattung.

Haaretz berichtete unter anderem auf Seite Eins, daß die Wahlergebnisse in Deutschland zu einer Situation führen, wie sie es bisher in Deutschland nie gegeben hat: Der Kanzler wird nicht der größten Fraktion im Bundestag angehören. Adar Primor schrieb dazu: "Wenn man der allgemeinen Auslegung in Deutschland Glauben schenkt, dann wird Gerhard Schröder heute früh dem lieben Gott für das Hochwasser danken, und Präsident Bush für die kriegerischen Winde, die er über den Persischen Golf wehen läßt. Damit konnte er etwas verhindern, das bis vor wenigen Wochen noch wie eine sichere Niederlage aussah. Das Ass, das er erst im letzten Moment des Wahlkampfes aus dem Ärmel zog, heißt Joschka Fischer, der seine Partei zu einem Rekordergebnis führte und eine Niederlage des linken Blocks verhinderte."

Zu Stoiber und dem Hochwasser konnte man lesen, daß er, "der sich das Image eines effektiven und präzisen Politikers aufbaute, auch als ein Mann bekannt ist, der immer zu spät kommt, etwas, das in Deutschland als Seltenheit gilt. Sein Zuspätkommen zu der Solidaritätskundgebung mit den Opfern des Hochwassers hat man ihm in Ostdeutschland nicht verziehen. Der Oberbürgermeister von Dresden mußte eine Stunde auf Stoiber warten, und als er dann endlich kam, sagte er zu ihm, seine Stadt brauche Hilfe, keine "Hochwassertouristen". Der "Tourist" wurde verspottet, während Schröder, ein telegener Medienmann, sein Charisma einsetzte und Bundesgelder an seine künftigen Wähler verteilte."

Das Thema Irak und Schröders Haltung wird unterschiedlich bewertet. In Haaretz heißt es, daß "Deutschland nach dem 2. Weltkrieg von militärischem Extremismus zu pazisfistischem Extremismus überwechselte. Weite Teile der deutschen Bevölkerung empfinden tiefen Abscheu vor allem, was nach Krieg riecht. Umfragen zeigen, dass 70-80% der Deutschen jede Beteiligung Deutschlands im Irak ablehnen. Schröder hat diese Gefühle genützt. Es wird angenommen, dass sein Verhalten während der Hochwasser-Krise und seine erklärte Haltung gegen den Krieg im Irak der Koalition 5% eingebracht haben."

Weiter heißt es, es wäre bedauerlich, "dass deutsche Politiker meinen, wenn sie der USA einen Finger ins Gesicht stecken, wäre das der Schlüssel zum Wahlsieg. Schröder lenkt damit die Aufmerksamkeit der Wähler von der Arbeitslosigkeit, dem kaum vorhandenen Wirtschaftswachstum und seiner Haarfarbe ab. Sein Rivale Stoiber distanziert sich von dem Anti-Amerikanismus in Deutschland, wagt es doch nicht, eine Haltung gegen den Hitler aus Bagdad zu beziehen. Es ist egal, wer die Wahlen gewinnt, verlieren werden die deutsch-amerikanischen Beziehungen...Der zunehmende Anti-Amerikanismus in Deutschland ist ein nebensächliches Problem für die Amerikaner. Er ist jedoch ein großes Problem für Deutschland."

Auch Eldad Beck von Jedioth Achronoth sieht die Verbesserung der Beziehungen zu den USA als erste Aufgabe der neuen alten Regierung: "Stoiber, der für seine tiefe Verpflichtung zu dem Bündnis mit den USA bekannt ist, würde es leichter fallen, die Spannungen mit Amerika zu bereinigen. Schröder muss sich auf die Begabungen seines Außenministers Joschka Fischer verlassen, um den Zorn Washingtons zu beruhigen. Danach wird er Wege finden müssen, wie er sich seiner Verpflichtung, nicht an einer Offensive gegen den Irak teilzunehmen, entledigen kann. Die politische Erfahrung in Deutschland lehrt, dass es den linken Parteien immer gelungen ist, große Flexibilität zwischen ihren Versprechen an die Wähler und den Bedürfnissen ihrer Außenpolitik zu demonstrieren. Fischer selbst wurde auf der Grundlage seiner Verpflichtung zum Anti-Militarismus gewählt, aber die Regierung, der er angehörte, schickte mehr Soldaten zu Missionen außerhalb der Grenzen des Landes als jede deutsche Regierung zuvor."

Beck hat auch eine überraschende Einschätzung der Sympathien parat: "Stoiber gilt als enger Freund Israels, und er ist mit Leib und Seele der Existenz und der Sicherheit des jüdischen Staates verpflichtet. Eine Regierung unter seiner Führung würde entschlossen gegen die Aktivitäten islamischer Terrororganisationen auf deutschem Boden vorgehen. Schröder ist der Sicherheit Israels prinzipiell verpflichtet, sein emotionales Engagement ist jedoch fraglich. Seine Regierung verhängte Sanktionen gegen militärischen Export nach Israel. Schröder sprach auch den seltsamen Gedanken an, deutsche Soldaten in die Region zu entsenden, um im Rahmen eines künftigen Friedensabkommens zwischen Israel und den Palästinensern zu trennen. Der Partner Schröders, Joschka Fischer, ist jedoch ein sehr enger Freund Israels, und in Jerusalem gäbe es viele, die es persönlich bedauern würden, wenn er nicht im deutschen Außenministerium bleiben würde."

An anderer Stelle meint Beck über Fischer: "Die Deutschen können seinem Charme und seiner Vielseitigkeit einfach nicht widerstehen. Sie lieben diesen Mann, der von einem anarchistischen Revolutionär zu einem in der ganzen Welt respektierten Politiker wurde, der von der Universität Haifa mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet wurde, obwohl er das Gymnasium nicht abgeschlossen hat, diesen amüsanten, redegewandten, intellektuellen Marathonläufer mit dem Gesicht eines trotzigen Kindes."

Auch Eli Kamir hat in Maariv nur lobende Worte für Joschka Fischer, denn er sei "der Außenminister, der sowohl von Israel als auch von den Palästinensern als fairer Vermittler akzeptiert wird, und deshalb ist es möglich, dass ihm bei künftigen Verhandlungen eine entscheidende Rolle zukommen wird." Kamir berichtet außerdem über die Umstände, die Fischer besondere Sympathien für Israel geweckt haben. Dazu gehöre sicher auch der Anschlag im Delphinarium, über den sich Fischer während seines Aufenthaltes ein genaues Bild machen konnte. Die besonderen Sympathien habe er "jedoch schon seit 1976. Fischer, in der Vergangenheit ein revolutionärer Linker, erzählte einmal, welches traurige Ereignis ihn veranlaßt hat, von dem revolutionären Weg abzuweichen: "Das war während der Entführung des Air France Flugzeugs nach Entebbe", sagte er. "Unter den Entführern waren damals auch Deutsche, die sagten, ihre Motive seien anti-faschistisch. Diese Leute verübten genau dieselben schrecklichen Taten, die sie ihren Vätern vorwarfen. Im Verlauf der Entführung führten sie eine Selektion durch, zwischen den jüdischen und nicht-jüdischen Passagieren. Wie die Selektion in den Vernichtungslagern.""

Möllemann erregte die israelischen Gemüter offensichtlich eher weniger. Die Zeitungen berichteten zwar über beide Zwischenfälle durch seine Äußerungen, in der Wahlanalyse wird ihm jedoch vergleichsweise wenig Platz zugestanden. Judith Winkler berichtete in Haaretz darüber, daß Möllemann von Westerwelle abgekanzelt wurde. Zudem habe sich Michel Friedman zufrieden zu der Tatsache geäußert, dass die FDP, deren stellvertretender Vorsitzender einen anti-israelischen Wahlkampf geführt hat, ihre Präsenz im Bundestag nicht verstärken konnte. Friedmann sagte außerdem zu Haaretz, Westerwelle habe sich nicht rechtzeitig eingeschaltet, um Möllemann zu verurteilen und zu stoppen, und zum ersten Mal seit dem Holocaust sei im demokratischen Deutschland antisemitische Propaganda im Wahlkampf verwendet worden: "Ich freue mich, dass die Liberalen nicht länger die drittstärkste Partei im Bundestag sind, und dass Möllemanns Versuch gescheitert ist. Der Kampf, den die jüdische Gemeinde gegen Möllemann geführt hat, ist der schwerste seit 25 Jahren".

Die in Israel lebenden Deutschen haben übrigens fast nicht gewählt. Laut Angaben der Botschaft leben in Israel ca. 100.000 Israelis, die auch über deutsche Staatsbürgerschaft verfügen, und es wird angenommen, dass nur 2000-3000 von ihnen gewählt haben.

aue / hagalil.com 25-09-02

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