Wirtschaft und Frieden in Nahost:
Israels Chancen auf Normalisierung
Im Anschluss an ihre
Jahresmitgliederversammlung hat die Deutsch-Israelische
Wirtschaftsvereinigung am Dienstag zu einer öffentlichen
Podiumsdiskussion mit dem Titel "Wirtschaft und Frieden in Nahost –
Israels Chancen auf Normalisierung" eingeladen. Unter den
Diskutanten waren s.E. Shimon Stein, Botschafter Israels in der
Bundesrepublik Deutschland, Prof. Dr. h.c. Horst Teltschik,
Präsident der DIW, Staatssekretär Hans Spitzner vom bayerischen
Staatsministerium für Wirtschaft, Innovation, Technologie und
Verkehr, Frau Ilka Schröder, MdEP (GUE/NGL), Prof. Dr. Michael
Wolffsohn, Universität der Bundeswehr und Herr Godel Rosenberg, der
Repräsentant des DaimlerChrysler Konzerns in Israel.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Herrn Thomas
Knipp, dem Chefredakteur des Handelsblatts. Zur Einstimmung wurde
den über 100 Gästen ein kurzer Film über das "Tefen-Projekt" für den
Nahen Osten gezeigt, der vom israelischen Industriellen Steff
Wertheimer propagierten Errichtung von Industrieparks in der Region
als Beitrag der Wirtschaft zur Lösung des Konflikts.
In seinem Eingangsstatement wiederholte
Botschafter Stein seine Überzeugung, dass die Wirtschaft nicht das
Ende des Konfliktes abwarten dürfe, sondern zu den Katalysatoren
einer Beilegung werden müsse. Staatssekretär Spitzner beklagte den
Umstand, dass Deutschland und Europa trotz jahrzehntelanger
intensiver wirtschaftlicher Beziehungen zu den arabischen Staaten
diese nicht zur Durchsetzung eigener Vorstellungen wirtschaftlicher
und politischer Liberalisierung genutzt hätten.
Auch er sah keinen Grund für eine abwartende
Haltung großer Unternehmen und des Mittelstands, sich vorsichtig in
der Region, vor allem in Israel zu engagieren. Mit dieser Botschaft
werde im Frühjahr 2004 erneut eine hochrangige Wirtschaftsdelegation
aus Bayern nach Israel reisen. Präsident Teltschik stimmte Herrn
Spitzner zu. Sein Engagement an der Spitze der Deutsch-Israelischen
Wirtschaftsvereinigung sei in der Überzeugung begründet, dass zwar
eine historische Verantwortung Europas und vor allem Deutschlands
für die Sicherheit Israels und seiner Bevölkerung bestehe, dass die
wirtschaftliche Umsetzung dieser Verantwortung aber im völligen
Einklang mit den volkswirtschaftlichen Interessen Deutschlands
liege. Er äußerte sich kritisch über die Nahostpolitik der
Bundesregierung, die im besten Fall "Sympathien gewinnt", aber
keinerlei Einfluss auf die Konfliktparteien nähme. Ein tatsächliches
deutsches oder europäisches Konzept für die Region sehe er nicht.
Diesem Eindruck widersprach die Europaabgeordnete
Ilka Schröder. Wer die Positionen des Europäischen Parlaments zum
Nahen Osten verfolge, könne sich nicht des Eindrucks einer klaren
Einseitigkeit zugunsten der Palästinenser erwehren. Europäische
Gelder seien nachgewiesenermaßen in den Terrornetzwerken versickert,
die PA werde, wenn überhaupt nur wage kritisiert, während Israel
ständig als alleinverantwortlich für die Abwesenheit des Friedens
verurteilt und mit Sanktionen belegt werde. Dies seien Hinweise auf
das sehr klare Konzept, den USA den Rang in der Region abzulaufen.
Weil dieses Ziel mit antiamerikanischen und antisemitischen
Ressentiments in Europa leicht vereinbar ist, werde diese Politik
von den Bevölkerungen und den Medien gern getragen. Die Ergebnisse
der jüngsten Umfrage, wonach eine Mehrheit der Deutschen und
Europäer Israel und die USA als größte Bedrohung für den Weltfrieden
empfinden, spräche Bände.
Prof. Wolffsohn vertrat die Meinung, dass es
keinerlei Aussichten auf eine Normalisierung für Israel gebe,
solange es nicht zu weit reichenden territorialen Zugeständnissen an
die Palästinenser, einem Abbau der meisten Siedlungen und der
Gründung eines palästinensischen Staates gekommen ist. Aber auch
eine derartige Entwicklung sei im Grunde keine dauerhafte Lösung, da
die Existenz Israels seitens der arabischen und islamischen Welt
nicht wirklich akzeptiert sei. Herr Rosenberg konnte sich mit derart
pessimistischen Einschätzungen nicht anfreunden. Er sagte, zu viel
werde geredet, zu viel auf hohe Politik gesetzt, die letztendlich
keinen Fortschritt erziele. Er berichtete stattdessen von den
positiven Entwicklungen im jordanisch-israelischen
Wirtschaftsgeschehen, von den Ansiedlungen vieler internationaler
Unternehmen in gemeinsamen Industrieparks, von den Chancen, die er
gerade auch für deutsche Unternehmer sehe. Er bot den Anwesenden an,
sich vor Ort von den Investitions- und Produktionsmöglichkeiten zu
überzeugen. "Wer Arbeit und Zukunft hat, der jagt sich und andere
nicht in die Luft." Hierin liege der überwältigende Beitrag der
Wirtschaft für eine nachhaltige Friedenslösung.
Deutsch-Israelische Wirtschaftsvereinigung e.V.
© Botschaft des Staates Israel
hagalil.com
28-11-2003 |