Die "Antideutschen":
Ein deutsches PhänomenMax Brym
In Deutschland gibt es immer wieder seltsames
zu beobachten. Die politische Rechte denkt naturgemäß in völkischen
Kategorien. Für sie sind die Deutschen egal, ob sie Krupp oder
Krause heißen, selbstverständlich ein Kollektiv, das über die
Abstammung dazu bestimmt ist, über andere zu herrschen.
Politische oder soziologische Unterschiede dürfen
in diesem Diskurs nicht wahrgenommen werden. Der rechte Rassist und
Antisemit, sieht seine genetisch definierte deutsche Nation als
unveränderlichen Körper, der gegen gesundheitsschädliche Einflüsse
von außen bewahrt werden muss. Selbstverständlich ist die deutsche
Nation für den Rechten das non plus ultra. Die deutsche Geschichte
wird auf den Turnvater Jahn, Heinrich Himmler und einige andere
reduziert. Die reaktionären Aspekte der deutschen Geschichte werden
betont und der dadurch geformte negative "Volkscharakter"
unterstrichen.
In der Tat der Untertanengeist ist weit
verbreitet. Es gibt einen rassistischen Grundkonsens in der
Gesellschaft und der Antisemitismus gehört zum ideologischen Gepäck
vieler in Deutschland – auch wenn es beinahe keine selbsterklärten
Antisemiten gibt. Im Antizionismus hat der Antisemitismus eine
passende Maskerade gefunden. Die Ablehnung des
Selbstbestimmungsrechtes von Juden ist die ideologische Klammer, die
rechte und "linke" Antisemiten miteinander verbindet. Diese
Ablehnung des Selbstbestimmungsrechtes zeigt sich in zwei Formen.
1. Nur dem Staat Israel wird das Existenzrecht abgesprochen.
2. Jedem Juden wird vorgeschrieben, was er zu tun, zu lassen und zu
denken hat.
Zudem verneint der eliminatorische Antisemit die
Existenzberechtigung des Juden schlechthin.
Auf diesen Zustand hinzuweisen ist das Verdienst
einer denkfähigen Linken in Deutschland. Die Popularität des
Antisemitismus auch beim Arbeiter "Krause" zu attackieren, ist
vollständig gerechtfertigt. Dennoch gibt es eine Strömung innerhalb
der Linken um die Zeitschrift Bahamas und um den Ca ira Verlag aus
Freiburg, die nicht nur über das Ziel in der Kritik an den deutschen
Zuständen hinausgeschossen sind. Nein sie haben selbst die Prämissen
der deutschen Ideologie verinnerlicht. Sie nennen sich selbst
"antideutsch" und definieren demzufolge ihr politisches Handeln,
über den geschlossenen deutschen "Volkskörper". Für sie ist der
Deutsche prinzipiell negativ und nach ihren Publikationen
unveränderbar. Das ist ideell eine völkische Betrachtungsweise. Der
Unterschied zu den Rechten ist, dass sie die Deutschen negativ
sehen. Sie ignorieren das dialektische Gesetz der Bewegung und
Veränderung der Dinge im Widerspruch.
Wenn die deutschen Verhältnisse unverrückbar sind,
dann ist der Name Bahamas für eine Zeitschrift der Antideutschen
tatsächlich geschickt gewählt. Denn wenn die Prämisse der
Antideutschen stimmt, dann ist jegliche politische Arbeit in
Deutschland sinnlos und die Bahamas könnten in der Tat eine
sinnvollere Lebensperspektive bieten.
Aber zurück zum umgedrehten Nationalismus der Antideutschen.
"Die Deutschen ein Täterkollektiv"
Das ist eine oft gebrauchte Formulierung in
antideutschen Publikationen. Natürlich ist es korrekt, die verkürzte
Faschismusanalyse der DDR und bestimmter "Demokraten" in Frage zu
stellen. Der Nazismus war nicht nur die "offen terroristische
Diktatur der reaktionärsten imperialistischsten und
chauvinistischsten Gruppen des Finanzkapitals" ( Dimitroff). Nein,
der Hitlerfaschismus war eine äußerst populäre Diktatur mit
Massenunterstützung. Auf diesen Aspekt hingewiesen zu haben, bleibt
ein Verdienst von Daniel Goldhagen. Dennoch ist es für das
historische Gedächtnis wichtig, an die entscheidende Rolle der
Vertreter des deutschen Kapitals zu erinnern, die im November 1932
geschlossen die Kanzlerschaft Hitlers forderten. Die gewaltsame
Zerschlagung der deutschen Arbeiterbewegung war die entscheidende
Voraussetzung, um den Krieg zu führen und die Schoah durchzuführen.
Dagegen gab es Widerstand auch von Deutschen. Dass dieser Widerstand
gering war, im Vergleich zum Verhalten der Mehrheit der Deutschen,
ist ein historischer Fakt. Dennoch verbietet es sich die Deutschen
generell in einen Sack zu stecken. Diese "Sackpolitik", der
"Antideutschen" führt in der heutigen politischen Realität zu
fatalen Konsequenzen.
Es wird nicht mehr an soziale und humanistische Potentiale, so
schwach sie auch seien mögen, appelliert, sondern gefordert:
"Deutschland von der Karte streichen, Polen muss bis Frankreich
reichen". Das theoretische Konzept der Antideutschen unterteilt
letztendlich den Globus in positive und negative Nationen. Das ist
unbewusst eine Übernahme völkischer rechter Positionen. Nebenbei ist
es ein Abschied von der Realität und es beginnt die Suche nach
geschlossen handelnden positiven Nationen.
Dabei ist man schon vor einiger Zeit fündig geworden.
Die USA und Israel
Jede Aktion der USA wird oft kritiklos
unterstützt. Dabei wird zurecht auf den in Deutschland weit
verbreiteten "Antiamerikanismus" verwiesen. Dieser muss bekämpft
werden, genauso wie der blödsinnige Antiimperialismus anderer
"Linker". Letztere redeten Saddam und Milosevic schön und die USA
ist ihr Hauptgegner in Deutschland.
Dennoch ist die US- Politik durchaus kritikwürdig. Es gibt in den
USA unterschiedliche soziale und politische Kräfte, sowie enorme
soziale Probleme. Die USA ist nicht Georg Bush alleine. Genauso wie
es in Israel nicht nur die Haltung von Sharon gibt. Die
Gesellschaften in den USA und Israel müssen um ihrer selbst willen
analysiert werden. Die deutsche Brille darf nicht der Maßstab sein.
Es gibt in den genannten Ländern eine politische Rechte sowie eine
politische Linke.
Es ist nicht die Schuld von Michel Moore, wenn seine Bücher in
Deutschland die Bestsellerlisten stürmen, sondern es ist ein
deutsches Problem, dass viele nationalistische Deppen die Bücher für
ihr reaktionäres antiamerikanisches Weltbild mißbrauchen. Das wird
von der deutschen Elite nachdrücklich gefördert. Die deutsche
"Linke" ist gesellschaftlich isoliert und das führt zu merkwürdigen
Verhaltensmustern. Die Antiimps sind einfach von Moore begeistert
und sehen nicht, wozu seine literarische Agitation in Deutschland
benützt wird. Die " Antideutschen" agitieren gegen Michel Moore,
ohne die US- Realität wahrzunehmen. Alles wird durch die deutsche
Befindlichkeit beurteilt.
Joachim Bruhn aus Freiburg (Autor mehrerer Bücher) gab kürzlich in T
34 aus dem Ruhrgebiet ein Interview mit dem Kernsatz: "Jede Kritik
am Staat Israel ist antisemitisch". Das ist eine Sichtweise, wie sie
normalerweise von Rechts kommt, nur umgedreht. Die Rechten bauen
sich einen Popanz auf, nachdem eine "Kritik an Israel verboten sei".
Der "Linke" Bruhn erklärt jegliche Kritik an Israel für reaktionär.
Natürlich sollte antisemitische Kritik gegen Israel geächtet sein.
Auch fortschrittlich erscheinende Kritik unter der Tarnkappe des
Antizionismus ist antisemitisch, denn sie ignoriert das
Existenzrecht Israels. Den bürgerlich demokratisch konstruierten
Staat Israel zu kritisieren ist selbstverständlich notwendig. Gerade
diejenigen, denen die Existenz Israels eine Herzensangelegenheit
ist, müssen die rechte israelische Regierung kritisieren. Allerdings
wegen dem Schicksal der Menschen in Israel. Nicht um reaktionäre
Bedürfnisse in Deutschland zu befriedigen.
Der kategorische Imperativ muß dabei der Satz von Moshe Zuckermann
sein: "Israel ist durch die Schoah zur Notwendigkeit geworden.
Israel muß bestehen. Wenn Juden meinen, in diesem Land ihr Land zu
sehen, ist das keine Frage, über die ich mit Deutschen gut
diskutieren kann" ( Zweierlei Israel, Konkret Verlag). Joachim Bruhn
attackiert in seinem Interview Moshe Zuckermann hart, da Zuckermann
nicht die Linie von Sharon vertritt. In anderen Publikationen wird
oft Uri Avnery angegriffen, weil er in Opposition zur israelischen
Regierung steht. Die "Antideutschen" unterstellen ihm, mit seiner
Regierungskritik den Antisemitismus zu bedienen und zudem "falsch zu
denken". Es wird demzufolge von den konkreten Widersprüchen in
Israel abstrahiert und mittels linkspolitischer Maskerade den Juden
vorgeschrieben, wie sie zu denken haben. Deutsche "Linke"
selektieren ideologisch und geben sich gegenüber linken Juden
unerbittlicher als Ariel Sharon.
Solchen Unsinn gibt es nur in Deutschland, die "antideutschen"
Hardliner sind gute Kinder ihres "Vaterlandes"".
hagalil.com
20-08-2003 |