Thomas von der Osten-Sacken / Arras Fatah (Hg.):
Saddam Husseins letztes
Gefecht
Der lange Weg in den III. Golfkrieg
Für die einen ist er die letzte Bastion des Widerstands gegen den
US-Imperialismus, für die andern die "schlimmste Diktatur seit dem
Ende des Zweiten Weltkriegs" (so der Sonderberichterstatter der Uno
für Menschenrechte).
Am
Irak scheiden sich die Geister. Aber es geht nicht nur um Öl oder
Menschenrechte. Die Herrschaft der Baath-Partei ist Ausdruck der
tiefen Widersprüche der gesamten Region, die zwischen Nation und
Panarabismus, nationaler Befreiung und Diktatur, antiwestlichem
Affekt und Bündnispartnerschaft zerrissen ist. Wie kein anderer
steht Saddam Hussein für diesen Widerspruch: als erbitterter Feind
des Westens und sein bester Kunde zugleich.
Die Autoren zeichnen den Werdegang der Diktatur nach, der mehr als
eine Million Iraker zum Opfer gefallen sind, und erklären, wie aus
dem Juniorpartner des Westens dessen erbittertster Feind werden
konnte. Sie analysieren die internationalen Beziehungen, das Innere
irakischer Macht, ihre Ideologie und Funktionsweise, und sie
erklären, wie und warum Saddam Hussein sich an der Macht halten
kann, und wie und warum die Deutschen ihm dabei helfen. Sie geben
Einblick in die Ökonomie des Landes, das schon vor Verhängung des
UN-Embargos 1990 vor dem Ruin stand. Und sie beschreiben die
Versuche der irakischen Gesellschaft, sich von der Diktatur zu
befreien.
Autoren und Herausgeber:
- Kanan Makiya
ist Direktor des “Iraq Research and Documentation Project” der
Harvard Universität, lehrt an der Brandeis Universität und ist
Autor von: Republic of Fear; The Politcs of Modern Iraq, Cruelty
and Silence; War, Tyranny, Uprising and the Arab World und The
Rock; A Seventh Century Tale of Jerusalem”.
- Peter Sluglett
Professor für Middle Eastern History an der Universität von Utah
ist, zusammen mit Marion Farouk-Sluglett, Verfasser des Buches
Der Irak seit 1958: Von der Revolution zur Diktatur.
- Aras Fatah
ist Politikwissenschaftler und Mitherausgeber der
sozialwissenschaftlichen Zeitschrift Rahand (www.rahand.com),
die in Deutschland und Irakisch Kurdistan erscheint.
- Thomas Uwer und Thomas von der Osten-Sacken
sind Mitarbeiter der schwerpunktmäßig im kurdischen Nordirak
tätigen entwicklungspolitischen Organisation wadi e. V. (www.wadinet.de),
Autoren von konkret und Verfasser verschiedener Studien über die
Menschenrechtssituation im Irak.
- Khalid Salih
lehrt als Politikwissenschaftler am Centre for Contemporary
Middle East Studies der Universität Odense in Dänemark.
- Bachtyar Mohamed
ist Schriftsteller und Redaktionsmitglied der
sozialwissenschaftlichen Zeitschrift Rahand.
- Isam al Khafaji
lehrt am Centre for International Political Economy der
Universität Amsterdam.
- Jörn Schulz
ist Redakteur im Ressort International der Wochenzeitung jungle
world.
- Hans Branscheidt
ist Nahostkoordinator der Hilfsorganisation Medico
International.
- Ofra Bengio
forscht und unterrichtet am Moshe Dayan Center for Middle
Eastern and African Studies der Universität Tel Aviv und ist
Autorin von “Saddam’s Word; Political Discourse in Iraq”.
- Andrea Woeldike
ist Publizistin und Mitherausgeberin des Buches „Antisemitismus
- die deutsche Normalität“.
konkret texte 33 - Staat und Gewalt
288 Seiten, EUR 14,80
Rezension bei
amazon.de:
Das beste deutschsprachige Buch über den Irak seit langem
Thomas Schmidinger
Rezension aus: Context XXI, Wien
Der neue Sammelband ist das beste deutschsprachige
Buch über den Irak, das mir seit der Studie „Der Irak seit 1958, Von
der Revolution zur Diktatur" von Marion Farouk-Sluglett und Peter
Sluglett, die 1991 im Zuge des zweiten Golfkrieges übersetzt wurde,
in die Hände gekommen ist.
Vermutlich ist es kein Zufall, dass das nächste seriöse Buch über
den Irak, nachdem die letzten Jahre nur einige Saddam-Apologien aus
dem PapyRossa oder Du Mont Verlag erschienen sind, kurz vor einem
möglichen dritten Golfkrieg auf den Markt kommt.
Trotz dieser Aktualität des Bandes schaffen es die Beiträge von
Peter Slugett, Arras Fatah, Thomas Uwer, Khaled Salih, Thomas von
der Osten-Sacken, u.a. eine grundlegende Analyse der totalitären
Herrschaft der Baath-Partei des Irak zu liefern, die über die reine
Tagespolitik hinausgeht und auch die in weiten Teilen der Linken
kursierende Behauptung wiederlegt, der Irak wäre eine „ganz normale
Diktatur", wie Syrien, der Iran oder Turkmenistan auch. Die
Besonderheit des extremen antikurdischen und antiiranischen
Nationalismus, des in der Ermordung und Vertreibung des Großteils
der verbliebenen Jüdinnen und Juden gipfelnden Antisemitismus und
der allgegenwärtigen Anwesenheit einer totalitär regierenden
Staatspartei machen deutlich, dass Saddam Hussein zwar kein „zweiter
Hitler", aber zumindest ein williger Schüler des Nationalsozialismus
war und ist. Zu eindeutig sind die historischen und ideologischen
Querverbindungen, aber auch die praktischen Versuche, die irakische
Bevölkerung mit Hilfe eines paranoiden Kampfes gegen einen
vermeintlich allmächtigen Feind zu einer faschistischen
Volksgemeinschaft zusammenzuschweißen, dass diese ignoriert werden
könnten. Die in dem Band versammelten Aufsätze zeigen an einem
extremen Beispiel auf, wohin eine „nationale Befreiung" führen kann,
wenn deren Fokus auf dem Nationalen verbleibt.
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hagalil.com
07-01-2003 |