Europa und Israel:
Partner für den Frieden
Von Silvan Shalom,
Außenminister und stellvertretender Ministerpräsident Israels
Nach
knapp drei Jahren unerbittlicher palästinensischer Gewalt kehrt die
Hoffnung in den Nahen Osten zurück. Der Terrorismus ist in der
Defensive, die moderaten Kräfte erleben einen erneuten Aufschwung
gegenüber den Kräften der Tyrannei.
Um einen wahrhaften und dauerhaften
Frieden zu erreichen, betrachtet Israel Europa als seinen
natürlichen Partner. Israel und Europa teilen ein gemeinsames
kulturelles Erbe, die gleichen demokratischen Werte und gemeinsame
Interessen.
Unser einmütiger Wunsch, Israels
Existenz zu sichern und den Nahen Osten in eine Region des
Wohlstands und der Stabilität zu verwandeln, ist tiefgreifender und
dauerhafter als alle politischen Differenzen.
Ich werde mich am Montag mit meinen
europäischen Amtskollegen treffen, um diese gemeinsamen Bestrebungen
voranzutreiben. Europa kann und muss ein aufrichtiger Partner in den
von den USA geführten Friedensbemühungen sein. Europa kann viel zum
Frieden beitragen und auch davon profitieren. Wie soll dieses
Potential ausgeschöpft werden?
Zunächst muss man akzeptieren, dass
es keine Abkürzungen auf dem Weg zum Frieden gibt. Die Erfahrungen
der vergangenen 10 Jahre haben uns gezeigt, dass kein
Friedensabkommen überleben kann, wenn geduldet wird, dass feindliche
Gruppierungen weiterhin auf Hass und Zerstörung setzen. Daher ist
die Forderung nach der Zerschlagung der palästinensischen
Terrororganisationen eine zentrale Verpflichtung der
palästinensischen Seite in der ersten Phase der Roadmap. Als ein
Mitglied des Quartetts muss Europa die Palästinensische
Autonomiebehörde an ihr Versprechen binden, Waffen zu konfiszieren
und die Terrororganisationen zu entmachten. Alle ihre
Finanzierungskanäle müssen rechtlich abgeschnitten werden. Europa
muss diese Maßnahmen nachdrücklich mit dem Aufbau einer
lebensfähigen sozialen Infrastruktur begleiten, die den
Palästinensern weitaus mehr helfen kann als Hasskampagnien gegen
Israel.
Der Rückgang terroristischer
Anschläge gegen Israel infolge des selbstauferlegten
palästinensischen Waffenstillstands hat einige zu der Annahme
verleitet, dass es nicht notwendig sei, diesen wesentlichen Aspekt
der Roadmap einzuhalten. Das ist ein Fehler. Terrororganisationen
intakt zu halten bedeutet, das Schicksal unserer Bürger und des
gesamten Friedensprozesses der Willkür der Terroristen zu
überlassen.
Ferner müssen diejenigen Staaten
und Gruppen, die Terror finanziell unterstützen, herausgefordert
werden. Es ist untragbar, dass Staaten wie der Iran oder Syrien
neben einigen Vertretern der palästinensischen Autonomiebehörde
weiterhin internationale Legitimität genießen sollten, während sie
aktiv eine Politik betreiben, die die Roadmap untergräbt.
Heute gibt es im Nahen Osten keinen
Platz für die syrische Besetzung des Libanon, für den sicheren
Zufluchtsort der palästinensischen Terroristen in Syrien oder für
die finanzielle Unterstützung der Hisbollah. Die aktive
Unterstützung von Terroranschlägen seitens des Iran darf nicht
toleriert werden. Ebenso wenig soll der iranische Griff nach
Massenvernichtungswaffen, der nicht nur Israel, sondern den gesamten
Nahen Osten und Europa bedrohen würde, geduldet werden.
Offensichtlich wird die bisherige europäische Position derzeit einer
Revision unterzogen. Das ermutigt uns, aber es muss noch viel getan
werden.
Darüber hinaus erwartet Israel von
Europa, den Übergang zu einer neuen Sprache der Akzeptanz
einzuleiten, sowohl im palästinensischen Gebiet als auch im weiteren
regionalen und internationalen Kontext. Zu lange wurde der Nahe
Osten von einem Diskurs der Gewalt und des Hasses dominiert. Diese
Unkultur muss durch eine Kultur des Friedens ersetzt werden. Die
neue palästinensische Führung hat sich öffentlich dazu
verpflichtet, die von offizieller Seite unterstützte Hetze gegen
Israel zu beenden. Wir verlassen uns darauf, dass Europa die
Palästinensische Autonomiebehörde hierbei unterstützt. Es ist Zeit,
dass Europa federführend die UN von den anti-israelischen
Ausschüssen und einseitigen Resolutionen, die nur zur Verlängerung
des Konfliktes führen, befreit. Die Wiederaufnahme der
diplomatischen Beziehungen der arabischen Staaten mit Israel sowie
die Beendigung ihrer zügellosen Hetztiraden sind weitere Schritte,
die Europa um des Friedens willens unterstützen sollte.
Und schließlich kann Europa für den
Frieden einen einzigartigen Beitrag leisten durch bilaterale und
multilaterale Zusammenarbeit im zivilen Bereich. Projekte unter
europäischer Leitung zum Aufbau der Zivilgesellschaft, zur Schaffung
von Arbeitsplätzen und von Anreizen für ausländische Investoren, zur
Errichtung von ökonomischen und sozialen Entfaltungsmöglichkeiten in
lebenswichtigen Bereichen wie der Wasserversorgung, der Gesundheit
und der Erziehung - all dies sind wichtige Voraussetzungen für eine
bessere Zukunft.
Israel ist bereit, seinen Teil am
Fortschreiten der Friedensbemühungen zu übernehmen. Wir möchten
gerne mit unseren Partnern in Europa zusammenarbeiten, damit die
Gelegenheit zum Frieden nicht ungenutzt verstreicht. Sollten wir
erfolgreich sein, wird das den Menschen im Nahen Osten und in Europa
gleichermaßen nutzen.
Der Text erschien am 19. Juli
2003 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
© Botschaft des Staates Israel
hagalil.com
23-07-2003 |