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"Nimm meine Schuld auf Dich" - oder:
Wie tief ist der politische Riss zwischen
Orient und Okzident?
EINE RELIGIONSGESCHICHTLICHE ANTWORT VON MORDECHAY LEWY
"Selbst nach den Terroranschlägen vom 11.
September bleibt die herrschende Tendenz in Europa, das
Aufeinanderprallen der Zivilisationen zu ignorieren. Die
Reaktionen sind aufklärerisch, beschwichtigend,
harmonieorientiert oder apologetisch - auf jeden Fall nicht
konfrontativ. Stimmen wie die von Silvio Berlusconi, Oriana
Fallaci oder V. S. Naipaul, die den Zivilisationskampf zwischen
Okzident und Orient verkünden, haben Seltenheitswert. Ihre
Äußerungen werden in der westlichen Öffentlichkeit als Tabubruch
empfunden und entfachen Wellen der Entrüstung.
Es gilt nicht als politisch korrekt, sich darüber öffentlich zu
äußern. Diese Zurückhaltung des Okzidents ist in kulturellen
Verhaltensmustern begründet, die im Zusammenhang mit
gegensätzlichen orientalischen Kulturtraditionen betrachtet
werden müssen..."
Der Vortrag des Gesandten der Botschaft des Staates Israel wurde
am 31.10.02 im Rahmen des Symposiums "Der Orient im Okzident"
anlässlich der 44. Jahrestagung der Gesellschaft für
Geistesgeschichte in Potsdam gehalten. Eine gekürzte Fassung des
Eröffungsvortrags des Gesandten veröffentlichte am 16-01-03 DIE
ZEIT:
http://www.zeit.de/2003/04/Schuld_im_Islam.
Die hier wiedergegebene ungekürzte Fassung finden Sie auch auf
der Website der Botschaft des Staates Israel in Berlin:
http://www.israel.de.
Eröffnungsvortrag von Mordechay Lewy zur 44. Jahrestagung
der Gesellschaft für Geistesgeschichte im Rahmen des
Symposions "Der Orient im Okzident", Potsdam, 31. Okt. 02
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Sehr geschaetzte
Tagungsteilnehmer,
meine Damen und Herren, liebe Freunde,
Einleitung: Es klingt fast banal nach den
Terroranschlaegen von 11.9.2001 auf das offensichtliche
Spannungsverhaeltnis zwischen Orient und Okzident
hinzuweisen. Es ist ebenso leicht, eine Verdichtung
dieser Spannungen sowohl auf der weltpolitischen Buehne
wie auch auf der geistigen Ebene festzustellen. Die
herrschende Tendenz in der westlichen Welt, vor allem in
Europa, ist aber, den Aufeinanderprall der
Zivilisationen zu ignorieren. Der Dialog zwischen
Christen und Moslems wird verstaerkt weiter betrieben.
Der Dialog der Kulturen des Orients und des Okzidents
wird mehr als je zuvor gefoerdert. Dieses gilt zwar als
politisch korrekt, ist jedoch um so erstaunlicher,
angesichts der offenen Kriegserklaerung an den Westen
seitens Al Qaida und anderen gleichgesinnten
islamistischen Bewegungen. Diese Islamisten haben keine
Bedenken einen fortwaehrenden Kampf der Kulturen
durchzufuehren. Sie haben "ihren Huntington" gelesen.
Seit mehr als einem Jahr zeichnen sich im Westen
Reaktionen ab, die mehrheitlich als aufklaererisch,
beschwichtigend, Harmonie orientiert oder apologetisch
zu bezeichnen waeren. Sie alle haben eines gemeinsam:
sie sind nicht konfrontativ. Auch die buddhistische Welt
des Fernen Ostens hat nicht aggressiv reagiert
angesichts der mutwilligen Zerstoerung ihrer
Heiligtuemer in Bamian durch die Talibanherrschaft.
Stellen Sie sich nur vor, welche islamische Reaktionen
wir zu erwarten haetten, wenn islamische Heiligtuemer in
Mitleidenschaft gezogen worden waeren. Die Konfrontation
zwischen Muslimen und Hindi in Indien waere nur ein
Vorspiel. Im Westen sind die hoerbaren Stimmen, die den
Zivilisationskampf zwischen Okzident und Orient als
unvermeidlich artikulieren selten. Es gilt nicht als
politisch korrekt, sich darueber oeffentlich zu
aeussern. Berlusconis Einschaetzungen ueber die
kulturelle Ueberlegenheit des Okzidents im Vergleich zur
islamisch-arabischen Welt riefen in Europa eine Welle
der politischen Entruestung hervor.Eine radikal
feindselige Haltung spricht aus dem letzten Buch von
Oriana Fallaci "Die Wut und der Stolz". Sie ist frueher
mehrmals als Sensationsreporterin aufgefallen. Doch
ihre Kritik gegenueber der Rueckstaendigkeit der
arabischen Welt und des Islam kann nicht nur als
rechtspopulistisch disqualifiziert werden. In ihrer
manchmal ueberzogenen Kritik hat sie einen Tabubruch an
der im Westen betriebenen political correctness
gegenueber der arabischen Welt begangen. Auch von
konservativer Seite wurde Fallaci geruegt:"Die arabische
Kultur von vornherein minderwertiger als die
europaeische anzusehen, wie Oriana Fallaci dies tut,
muss als unertraegliche Hybris erscheinen. In Sachen
Zuwanderung nach ihrem Rezept kurzen Prozess zu machen
und Armutsfluechtlinge zu deportieren heisst,
Grundgedanken der Aufklaerung und des Christentums, auf
die demokratische Kultur und Rechtsstaatlichkeit in
Westeuropa aufbauen, gleich mit abzuschieben."
Klare und unmissverstaendliche Stimmen wie der
indischstaemmige Literaturnobelpreistraeger V.S. Naipaul
in seiner Islamkritik haben Seltenheitswert: "Die
islamischen Laender sind korrumpiert. Sie ueberschaetzen
ihre eigene Staerke und haben nicht begriffen, dass das,
was sie fuer ihre Staerke halten , auf Schwaeche
beruht…Es muss eine sehr entschiedene Antwort geben.
Sonst wird dieser Wahn weitere Laender befallen." Meine
Ausfuehrungen sollen Denkanstoesse geben, um uns mehr
Klarheit ueber das westliche Verhaltensmuster zu
verschaffen. Ferner liegt mir daran, den dialektischen
Zusammenhang zwischen den westlichen und orientalischen
Verhaltensmustern aufzudecken.
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Definitionen |
Definitionen: Orient und
Okzident verstehe ich als aus ihrer eigenen Geschichte
entstandene Kulturraeume, die wegen ihrer geopolitischen
Naehe relevant zueinander waren und es auch bleiben
werden. Diese Dichotomie ist keineswegs nur eine
Erfindung des kolonialen Okzidents, um den Orient zu
unterjochen oder zu verunglimpfen, auch wenn Edward
Saids These vom Orientalism breite Zustimmung in
westlichen Universitaeten und in islamistischen Kreisen
gefunden hat. Seine schaerfsten Kritiker befinden sich
im uebrigen unter den saekulaeren Kreisen der links
gerichteten Intelligentsia in der arabischen Welt.Die
Namen von Sadik-al-Azm oder Nadim-al-Bitar sollen hier
gewuerdigt werden.Die Gegensaetze sind nicht virtuel
sondern real.
Orient: bedeutet hier geographisch die
islamisch-arabische Welt im Mittelmeerraum und im Nahen
Osten. Eine Welt, die keine strikte Trennung zwischen
Religion und Staat vollzogen hat. Saekularisierung als
staatstragende Idee existiert halbwegs im Orient nur
dort, wo es von Oben verordnet wird und sich auf die
herrschende Macht der Bajonette berufen kann. Es ist
eine Welt, in der der Islam den Alltag der Mehrheit der
Bevoelkerung gepraegt hat und immer noch oder wiederum
entscheidend mitformt.
Okzident: bedeutet geographisch hauptsaechlich den
Kulturraum in Europa und Nordamerika. Eine Welt, die ihr
Selbstverstaendnis als Wertgemeinschaft aus der
judaeisch- christlichen Tradition uebernommen hat. Sie
ist der Demokratie als Herrschaftssystem und der
Saekularisierung (also rechtliche Trennung von Staat und
Religion) verpflichtet.
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Schuldzuweisung |
Schuldzuweisung: Jeder von uns
kennt die alltaegliche Situation, in der ein Kind sich
am haeusslichen Tisch anstoesst und sich dabei wehtut.
Seine Mutter wird das heulende Kind gleich troesten
wollen und den schlimmen, boesen Tisch beschuldigen,
weil er dort gestanden und dem Kind wehgetan hat. Diese
Schuldzuweisung ist eine Ablenkung der eigenen Schuld
und Unzulaenglichkeit auf andere, weil man selbst nicht
richtig aufgepasst hat. Dieses Verhaltensmuster kann man
auch auf eine bestimmte kulturell homogene
Bevoelkerungsgruppe anwenden. Die moderne
Kulturanthropologie arbeitet seit laengerer Zeit nach
dieser Methode.
Schuldgefuehl und Schuldbekenntnis: Wer kennt nicht den
Ungluecklichen, der einen verhaengnisvollen Autounfall
verursacht hat und sich seither nicht mehr traut, ans
Lenkrad zu setzen. Sein Schuldbekenntnis belastet sein
Gewissen so sehr, dass er nicht mehr das Risiko eingehen
will nochmals schuldig zu werden. Sein zukuenftiges
Verhalten beruht auf einer einmaligen traumatisierten
Erfahrung in seiner Vergangenheit. Darueber hinaus
definierte Freud das irrationale Schuldbewusstsein bzw.
Bekenntnis folgendermassen: "Der Neurotiker reagiert so,
als ob er schuldig waere, obwohl er unschuldig ist, weil
ein in ihm bereitliegendes und lauerndes
Schuldbewusstsein sich der Beschuldigung des besonderen
Falles bemaechtigt". Auch hier bietet sich die Anwendung
eines solchen Verhaltensmusters auf eine bestimmte
kulturell homogene Bevoelkerungsgruppe an. |
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Gegenseitige Wahrnehmungen |
Gegenseitige Wahrnehmungen: Ich
gehe davon aus, dass Orient und Okzident seit dem
Erscheinen des Islams auf der historischen Buehne mehr
Gegensaetze als Gemeinsamkeiten ausgestrahlt hatten. Bis
ins hohe Mittelalter war die arabisch - islamische
Kultur die tonangebende von den Beiden. Fernand Braudel
beschreibt die Beschaffenheit der longue duree
des gemeinsamen Mittelmeerraumes. Obzwar kein
Schmelztiegel, war dieser Raum die Plattform des Gebens
und Nehmens zwischen Orient und Okzident in allen
Bereichen. Eine Abschottung des Mittelmeers als Barriere
zwischen diesen Kulturen, wie es einst Henri Pirenne
behauptete, fand wahrscheinlich nie statt. Nur wenige
Muslime sehen heute den Okzident als die
Wertgemeinschaft der judaeisch-christlichen Zivilisation
an. Ihr Bild vom Westen entbehrt die religioese Essenz
dieser Zivilisation. Die Religion in Europa hat in der
Tat an politischer Macht eingebuesst und das Christentum
stellt fuer die Muslime keine Gefahr mehr dar. Vielmehr
erscheint ihnen der Okzident als eine saekularisierte
Macht, die von Materialismus, Imperialismus und
Ausbeutung der arabischen-islamischen Welt gepraegt
wird. Bei strengen Muslimen und radikaleren Islamisten
erscheint der Westen letztlich als ein Hort der Dekadenz
und der Gottlosigkeit. Demgegenueber ist bei der grossen
Mehrheit der Bevoelkerung im Westen ein Bild vom Orient
entstanden, das von agressivem religioesem Fanatismus,
gesellschaftlicher Rueckstaendigkeit und politischer
Unmuendingkeit gepraegt wird.Tatsaechlich sind im
letzten Jahrzehnt in 90% der blutig ausgetragenen
Konflikte auf der Welt arabische bzw. islamistische
Kraefte mitinvolviert. Diese Wahrnehmung mag auf der
Stammtischebene kursieren. Es ziemt sich aber nicht,
diese Wahrnehmung lautstark und oeffentlich zu
artikulieren. So absurd es klingen mag, nehmen die
etablierten Kirchen im Okzident ihre unmittelbare
Umgebung aehnlich wie der Islam wahr. Durch die
Beliebigkeit der Wertorientierung im postmodernen
Zeitalter und der "Spassgesellschaft" im Okzident,
lamentieren Kirchenvertreter ebenso ueber den
grassierenden Materialismus, ueber die dekadente Kultur
im Westen und ueber die herrschende Gottlosigkeit.
Kirchen und Islamisten hoffen zugleich auf religioese
Umkehr und wollen der Dekadenz ihrer jeweiligen Kulturen
entschieden entgegentreten. Der kleine Unterschied liegt
aber darin, dass die Dekadenzkritik der Islamisten sich
auf den korrumpierend erscheinenden westlichen Einfluss
auf die arabisch-islamischen Welt bezieht, also kein
Schuldbekenntnis im eigentlichen Sinne ist. Zwischen
Islam und katholische Kirche ergeben sich sogar
gemeinsame Interessen in gesellschaftspolitischen
Fragen, wie in der Familienplanung oder dem menschlichen
Klonen. Es ist bezeichnend fuer den Westen, dass die
a-religioese Mehrheit die eigenen Kirchen und die Rolle
der Religion als obsolet beurteilt, aber in ihrer
Wahrnehmung des Orients die Rolle der islamischen
Religion ueberaus relevant erscheint. Unter dieser
a-religioesen Mehrheit im Westen gibt es wiederum eine
intellektuelle Schicht, die auch stark in den Medien und
der Publizistik vertreten ist. Ihr Bild vom Orient ist
von den Denkkategorien der Politik- und
Sozialwissenschaft gepraegt. Ihre eigene politische
Sozialisierung hat sie zu einem Weltbild gefuehrt in
dem die Religionen kaum eine gestaltende Rolle
einnehmen. Daher wird die Macht des heutigen Islam in
dieser Schicht unterbewertet. Ihr Bild von der
arabischen Welt ist das eines Opfers der
kapitalistischen Ausbeutung, der imperialen Dominanz und
des westlichen Orientalism. Diese Schicht sieht den
islamischen Terrorismus zwar als verabscheuungswuerdig,
aber nicht als einen Zivilisationsbruch. Sie meinen,
wenn man die politischen, sozialen und wirtschaftlichen
Bedingungen aendert, so trocknet man damit auch den
Sumpf aus, in dem dieser Terrorismus entstehen konnte.
Innerhalb dieser Schicht sieht man die Schuld des
Westens stark ausgepraegt.
Der emeritierte Prof. Krippendorf sagte auf einer Tagung
in Berlin wie folgt:" Es sei ein Glueck fuer die
Muslime, die Aufklaerung und die Modernisierung verpasst
zu haben, weil ihnen so die "Horrorvision" unserer
totalitaeren Macht und Ausbeutung erspart geblieben
sei." Man fuehlt sich unwohl reich und maechtig zu sein.
Amerikanische Intellektuelle wie Susan Sontag, Noam
Chomski und der Italiener Tiziano Terzani, aber auch
gemaessigtere Stimmen wie Norman Mailer oder Philipp
Roth oder die indische Autorin Arundhati Roy ueben
Zivilisationskritik am Westen und verteilen die Schuld
an beide Seiten oder weisen sogar einseitig die Schuld
der USA zu. Waehrend im Okzident eine Vielfalt der
Wahrnehmungen des Orients besteht, bleibt das Bild des
Okzidents im Orient monolithisch. Diejenigen
Intellektuellen im Orient, die eine differenzierte bzw.
eine positive Wahrnehmung des Westens haben, koennen
sich nur bedingt in der einheimischen Oeffentlichkeit
artikulieren.Fouad Ajami beschreibt in seinem Buch “The
Dream Palace of the Arabs” eingehend ihr Dilemma.
Frueher oder spaeter werden sie in den Westen ziehen, um
sich freier entfalten zu koennen. |
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Thesen |
Thesen: Soweit mir bekannt ist,
wurde im Spannungsverhaeltnis zwischen Orient und
Okzident noch nie der Blickwinkel der Beziehung zwischen
einer Schuldzuweisungskultur (blame society) und einer
Schuld und Schuldbekenntniskultur (guilt society)
beleuchtet. Kulturanthropologen operieren eher mit den
Begriffen der Schuldkultur (Westen) und Schamkultur
(Ostasien und Afrika). Unser Bezugsrahmen soll jedoch
nicht als alleiniges Erklaerungsmodell verstanden
werden. Er soll uns aber nachdenken helfen, warum die
Schuldgefuehle im Okzident teilweise zur
Selbstverleugung fuehren, ungeachtet dessen, dass der
Konfliktstoff zwischen Orient und Okzident auf absehbare
Zeit nicht versiegen wird. Fraglich bleibt, warum der
Orient schwerlich Verantwortung fuer selbstverschuldete
Unzulaenglichkeiten uebernehmen kann. Da eine
Selbstkorrektur die Faehigkeit zur Selbstkritik
voraussetzt, sind zukunftsorientierte Umwaelzungen im
Orient nur in langsamen Schritten zu erwarten. Darueber
hinaus kann der Orient aus sich heraus den Konflikt mit
dem Okzident kaum meiden, da er sich selbst seit
Jahrhunderten in Verschwoerungstheorien verstrickt hat
und sich in einem hermetischen Verschluss der sich
selbst erfuellenden Prophezeiungen eingekreist hat. Die
Tatsache, dass die kleinen und grossen "Tiger" im Fernen
Osten, innerhalb von einigen Jahrzehnten, den Anschluss
an die globalisierte Wirtschaft gefunden haben und sich
von Hungersnot und Armut verabschiedet haben,
verdeutlicht den Menschen in der arabischen Welt, wie
weit sie selbst eigentlich in der gleichen Zeitspanne
zurueckgefallen sind. Thesenhaft formuliert ergeben sich
folgende Aussagen:
1.Im Orient wird die eigene Schuld und Unzulaengligkeit
verdraengt und anderen zugeschoben. Selbstkritik ist
selten zu finden. Korrekturfaehigkeit ist begrenzt.
2. Im Orient wird die eigene Opferrolle bevorzugt. Zur
Begruendung dieses Verhaltensmusters werden
Verschwoerungstheorien geschmiedet.
3. Der Islam kennt keine Erbsuende und daher keine
historisch tradierte Kollektivschuld.
4. Der Islam beguenstigt nicht die Gestaltung des
freien Willen und der eigenen Verantwortung. Im
islamischen Menschenbild steht der freie Wille neben der
allumfassenden Vorherbestimmung Allahs, ohne dass die
islamischen Theologen bisher beide Grundsaetze
vereinbaren konnten.
5. Im Okzident neigt man zum Schuldbekenntnis,
ungeachtet ob zurecht oder zu unrecht. Daher wird
haeufig die Taeterrolle uebernommen.
6. Die Schuldbekenntniskultur im Okzident beguenstigt
die Selbstkritik aber auch die eine eigene
Korrekturfaehigkeit.
7. Im heutigen Okzident ist die religioes begruendete
Erbsuende teilweise saekularisiert und drueckt sich in
Schuldbekenntnissen u. a. auch gegenueber der
islamisch-arabischen Welt aus.
8. In dem offenen oder verdeckten Konflikt zwischen
beiden Kulturen kann der Okzident mit seiner
Schuldkultur nicht frei handeln und zwar wegen
selbstauferlegten moralischen Zwaengen. Diese
Einschraenkung wird vom Orient , die als
Schuldzuweisungskultur aggressiver agiert, als Schwaeche
wahrgenommen. Diese Schwaeche wird in Konfliktsituation
nicht honoriert, sondern ausgenutzt. |
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Erbsünde und Kollektives Schuld-bewusstsein |
Ohne Erbsuende kein
kollektives Schuldbewusstsein:
Sigmund Freud behauptete,das Schuldgefuehl sei
das wichtigste Problem der Kulturentwicklung. Die
Regulation sozialen Verhaltens ( Kultur) liegt in den
Haenden des Ueber-Ichs(das Gewissen).Dieses bedient sich
mittels des Schuldgefuehls.Schuld ist nach Freud dem
Menschen in der abendlaendischen Kultur immanent. Diese
Auffassung beruht, zumindest symbolisch, auf der
biblischen Erzaehlung der Erbsuende, infolgedessen der
Uebergang vom unschuldigen Naturzustand zur
Unterscheidung zwischen Gut und Boese vollzogen wurde.
Aber eine Erbsuende,wie im abendlaendlichen
Verstaendnis, gibt es nicht im Islam. Die Vertreibung
aus dem Paradies ist im Koran kein Schluesselerlebnis.
Allah vergibt alle Suenden, gross und klein, wenn der
Suender Reue und Umkehr zeigt. Unglaeubigen,
einschliesslich der Voelker der frueheren Offenbarungen
wie Juden und Christen, bleiben die Pforten des
Paradieses verschlossen.Es gibt im Koran keinen
ausgangsoffenen Kampf zwischen Gut und Boese, der
manichaeische Dimensionen hat. In der abendlaendischen
Tradition kann der Satan den Menschen verfuehren (das
faustische Motiv). Im Islam entwaffnet der Satan sich
selbst, indem er in der Sure 14,22 zugibt, ueber die
Menschen keine Macht ausueben zu koennen. Ein
praktizierender Muslim erlangt seine Gewissheit das Heil
zugeteilt zu bekommen einzig und allein durch die
Erfuellung aller Gebote Allahs. Dieses Verhalten erspart
ihm die Gewissensbisse um sein Heil, die im Christentum,
immanent sind. In der islamischen Auffassung gilt die
Schuld zwar als persoenliche Buerde, die kann aber mit
der strikt rituellen Befolgung der Gebote Allahs
abgetragen werden. Im Orient kennt der Muslim kein
kollektives Schuldbekenntnis, das historisch an die
naechsten Generationen tradiert wuerde. Im Okzident hat
sich die christlich gepraegte Idee der Erbsuende so
ausgewirkt, dass sie Bestandteil der westlichen
Zivilisation geworden ist. Mit der Saekularisierung und
der Aufklaerung im Okzident wurde die Erbsuende
ebenfalls saekularisiert und in den jeweiligen
ideologischen Schematas des zu behebenden unmoralischen
Grunduebels bewahrt. Man fuehlt sich schuldig, reich zu
sein, so als ob man diesen Reichtum nicht mit Muehe
erarbeitet haette. Man hat ebenso Gewissensbisse,
legitime Machtmittel zu verwenden. Der
Antikolonialismus, Postkolonialismus, Antikapitalismus
oder die Antiglobalisierung naehren sich doch alle auch
von Schuldgefuehlen, die der Dritten oder Vierten Welt
abzugelten waeren.Der Orient ist trotz seines
Erdoelreichtums darin eingeschlossen. Somit bekommt der
Orient auch Anteil an der Schluesselgewalt der zu
vergebenen Absolution. Als Schuldtilgung gelten z.
B. finanzielle Zuwendungen an Laender der Dritten Welt.
Gegeueber dem Orient soll eher die Schuld mit
politischer Ruecksichtnahme abgegolten werden. Terzani
schreibt drei Tage nach dem 11.9., dass man den Islam
als eine Religion begreifen soll, die sich gegen die
Globalisierung zur Wehr setzt. Die Islamisten
verabscheuen aber die demokratischen Werte. Deren
Gesetze sind von Menschenhand bestimmt worden, und damit
stehen sie im Widerspruch zu dem goettlichen Ursprung
der Scharia, der islamischen Gesetzgebung. Aber wenn sie
selbst von arabischen oder westlichen Regimen verfolgt
werden, scheuen sie sich nicht die "undemokratischen
Verfahren " anzuprangern und an Menschenrechte zu
appelieren. Schuldbewusste Abendlaender lassen sich
trotz dieser Heuchelei davon beeindrucken.
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Arabische Verschwörungs-theorien und Schuld-zuweisungskultur |
Arabische
Verschwoerungstheorien und Schuldzuweisungskultur:
Bassam Tibi erwaehnt in seinem Buch "Die
Verschwoerung - Das Trauma arabischer Politik" den
Begriff Mu'amarah (Verschwoerung) als eine kulturell
verankerte Sichtweise, die dem eigenen Schicksalsglauben
(Kismet) Vorschub leistet. Der tuerkische Begriff Kismet
stammt aus dem Arabischen Qisma und bedeutet Zuteilung
oder Anteil. Gemeint ist eigentlich die troestende
Erklaerung fuer Schicksalsschlaege, die den
unerklaerbaren goettlichen Willen als Grund
voraussetzen. Damit wird dem Kismet ein religioeser Sinn
gegeben. Islamwissenschaftler billigen den Glauben an
Kismet kaum einen theologischen Stellenwert zu. Fuer sie
gehoert er eher in die Bereiche der Folklore bzw.
Volksreligion. Der Begriff wird ferner ueberall benutzt,
wo es den Betroffenen nicht mehr moeglich ist, hinter
den unentrinnbaren schicksalhaften Erscheinungen eine
fuer sie erklaerbare lebensbezogene Ursache
festzustellen. Wenn der Moslem von Allah ein zugeteiltes
Los erhaelt, ohne es selbst beeinflussen zu koennen,
uebt der Mensch auch keine eigene Verantwortung aus. So
entsteht die Neigung, Ereignisse oft aufgrund des
Eingreifens anderer Kraefte zu erklaeren, sie aber nie
auf sich selbst zurueckzufuehren. Niederlagen und
unerwuenschte Ereignisse im politischen Bereich, werden
somit als Verschwoerungen gegen die Araber oder den
Islam wahrgenommen. Bernard Lewis schildert in seinem
neuesten Buch "What went wrong ?" eine historische Kette
von Schuldzuweisungen an externen Faktoren, die fuer die
Antwort auf die arabischen Frage "Wer hat uns das
angetan?" herhalten mussten. Im Mittelalter wurde die
mongolische Invasion fuer die Zerstoerung des Khalifats
in Bagdad verantwortlich gemacht. Ueber die
interne Schwaeche der Abassiden wurde vornehm
geschwiegen. Seit Beginn der relativ kurzen
Herrschaftsperiode der Kolonialmaechte im
arabischen Raum, wurden vornehmlich England und
Frankreich fuer den politischen und kulturellen
Niedergang der Araber schuldig befunden. Diese Rolle
wurde nach dem zweiten Weltkrieg von der USA
uebernommen. In der politischen Kultur der
arabischen Welt wird das Schicksal der Araber seit den
Sykes-Picot Abmachungen von 1916 durchgehend bis zum
Anschlag auf die Zwillingstuerme in New York am
11.9.2001 als eine lange Kette der westlichen
Verschwoerung empfunden. Anlaesslich des ersten
Jahrestags der Anschlaege von 11.9., veroeffentlichte
die aegyptische Wochenschrift al-Ahram Weekly eine
Umfrage.Auf die Frage, wer verantwortlich fuer den
Anschlag sei , antworteten 39% - der Mossad; 25% - wir
werden es nie erfahren; 19% - Al Qaida oder andere
militante Islamisten; 17% - andere Nicht-Muslime. Bin
Laden hat sich zwar in seinem Video laengst der Tat
bezichtigt, und seine Kassette wurde in dem populaersten
Satellitensender im Nahen Osten "Al Dschezira"
ausgestrahlt. Dennoch waren 81% der Befragten nicht
bereit, eine arabische Verantwortung zu konzidieren oder
die Al Qaida in die Pflicht zu nehmen. Das
Verschwoerungssyndrom spricht den Araber von der
Verantwortung an Missstaenden und Misserfolgen frei, und
die Schuld wird anderen, vorzugsweise den Westen,
zugeschoben. Die Araber empfinden sich oft als Opfer,
nie als Taeter.
Islamisten beschuldigen auch oft die korrupten
arabischen Regierungen und die korrumpierte Lebensart an
den Missstaenden in der arabischen Welt und bieten die
Rueckkehr zum Islam als Heilsrezept an. Die
islamistischen Imame predigen in Moscheen Hass und geben
dem Westen die Schuld an dem kranken Zustand des Islam.
Die Verschwoerungstheorie gegen den Islam wird fuer die
Schuldzuweisung mobilisiert."Wie kommt es, dass 15
Millionen Juden die Welt beherrschen und die 1.2
Milliarden Moslems, trotz des Erdoelreichtums, sind die
Unterlegenen?" So wird in den Moscheen gefragt. Der
Westen hat die Muslime um ihren Glauben gebracht und
darueber hinaus auch korrumpiert. Im Namen der
globalisierten Neuordnung der Welt, im Namen der
Menschenrechte und im Namen des Friedensprozesses, so
schallt es in Freitagspredigten, will der Westen den
Islam auch zukuenftig beherrschen. Das Heilmittel ist
die Reislamisierung der Menschen individuell, wie auch
die der Gesellschaft. Ziel ist die Einigung der
islamischen Welt, bei manchen soll sogar das Khalifat
als zentrales oder als foederatives Staatsgebilde wieder
entstehen. Der politische Aktionismus der Islamisten
steht im Dienst ihres Islamverstaendnisses. Die
Islamisten nehmen das Gesetz des Handelns in ihre Hand
und lassen den Kismet nicht gelten. Angesichts solcher
Schuldzuweisungen war es wohltuend die besonnene Stimme
des jordanischen Prinzen Hassan bin Tallal zu hoeren. In
der Eroeffnungsrede des Orientalistenkongresses WOCMES
in Mainz, sagte er "I'm blaming ourselves for our own
shortcomings, I'm not blaming the west".
Arabische Intellektuelle, wie die Tunesier Abdelwahab
Meddeb und Mohamed Talbi, oder der Marrokaner Abdou
Filali- Ansary setzen sich fuer Reformen in der
islamischen Welt ein. Sie erhoffen sich die
Wiedererlangung der Faehigkeit zur Selbstkritik und den
verpassten Anschluss des Islam an die Aufklaerung.Leider
artikulieren sie ihre Meinungen eher im Pariser Exil und
nicht in ihren Heimatlaendern.
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Der Christlich-Islamische Dialog zwischen Schuldzuweisung
und Schuldbekennen |
Der christlich-islamische
Dialog zwischen Schuldzuweisen und Schuldbekennen:
Der geballte Komplex von der saekularisierten
Kollektivschuld des Westens gepaart mit der christlichen
Bereitschaft zum Schuldbekenntnis wirft seinen Schatten
ueber den eifrig betriebenen interreligioesen Dialog.
Professor Bassam Tibi hat in einem ZEIT Interview "Selig
sind die Betrogenen" diesen Dialog als eine
Selbsttaeuschung der christlichen Dialogpartner
bezeichnet."Skepsis ist angebracht, wenn man bedenkt,
dass im bisherigen Dialog von islamischer Seite nichts
als Forderungen und Anklagen erhoben wurden. Die Muslime
gefielen sich in der Rolle des Opfers. Den christlichen
Vertretern wurde nicht nur die deutsche Vergangenheit
vorgehalten, sie wurden auch fuer die Kreuzzuege und
fuer den Kolonialismus mitverantwortlich gemacht.
Zugleich verbaten es sich die Muslime,mit der Geschichte
des Dschihad konfrontiert zu werden. … Doch darueber zu
reden gilt als tabu. Lieber reden auch die Christen von
ihrer eigenen dunklen Vergangenheit. Ein solches Ritual
einseitiger Schuldzuweisungen ist kein Beitrag zur
Verstaendigung zwischen den Zivilisationen. Es kommt
dabei nur ein verlogener Dialog heraus." Tibi beklagt
sich, dass Christen dieser feindseligen Haltung nicht
trotzen, sondern sich "dem Islam anbiedernd
verbeugen". Er sieht mehrere Gruende dafuer. Zwei sind
fuer uns von grosser Relevanz, zumal sie auf den Zustand
in Deutschland abzielen.
Erstens: die Schuldgefuehle der Christen, vor allem der
deutschen Protestanten, in Bezug auf die unruehmliche
Vergangenheit ihrer Kirche im "Dritten Reich". Nie
wieder will man in die Gefahr kommen, andere Religionen
zu diskriminieren. Hier stellt sich die Frage, warum es
Islamisten, die ja militante Antijudaisten sind,
gestattet sein soll, moralisches Kapital aus dem
vergangenen Leiden der Juden zu schlagen.
Zweitens: die gesinnungsethisch verordnete Fremdenliebe
der Deutschen, die es ihnen verbietet, zwischen
demokratischen und undemokratischen Auslaendern und
Kulturen zu unterscheiden." Noch schaerfer als Bassam
Tibi geht der Islamwissenschaftler Dr. Hans-Peter
Raddatz mit der umbedingten Dialogbereitschaft der
christlichen Seite zu Gericht. Er kritisiert massiv die
katholische Kirche in ihrer Dialogbereitschaft mit dem
Islam in seinem Buch "Von Gott zu Allah- Christentum und
Islam in der liberalen Fortschrittgesellschaft". Raddatz
meint, dass im westlichen Kulturkreis gegen das eigene
Interesse gehandelt wurde. Man war nicht nur bereit den
Islam zu verklaeren, sondern Kirche(Dialog) und Staat
(Einwanderungspolitik) haben eigenen Interessen
zuwidergehandelt.
Eine gegensaetzliche Ansicht vertritt der Jesuitenpater
und Islamwissenschaftler Prof. Christian W. Troll, der
von katholischer Seite mit dem Islamdialog betraut ist.
Er betont, dass "die Katholische Kirche weiss,
dass ohne beharrliches Fortschreiten auf dem Weg des vom
Zweiten Vatikanischen Konzil konzipierten und
vorgeschriebenen interkulturellen und-religioesen
Dialogs die vielfaeltig zusammengesetzten, global
vernetzten Gesellschaften der Erde keine Zukunft
haben…Weder bei uns noch sonst wo gibt es eine
Alternative zu ehrlichem, kritisch-offenem Dialog fuer
das gedeihliche Zusammenleben in Verschiedenheit- es
bliebe nur derKampf der Kulturen." Troll setzt
hier eine Dialogbereitschaft seitens der islamischen
Theologen voraus, die es in der Realitaet kaum gibt. Der
Islam fuehlt sich als letzte Offenbarung ueberlegen. Bei
Troll ist der Dialog eine Notwendigkeit, da er jegliche
zusaetzliche Konfrontation mit dem Islam vermeiden
moechte. Bei einem kuerzlich in Mainz gefuehrten
christlich- islamischen Dialog betonte Troll, man habe
universale Werte gemeinsam durchzusetzen gegen "jenen
Humanismus, der die Religion aus der oeffentlichen
Sphaere herausdraengen will". Aber nicht nur die
Dialektik des religioesen Dialogs zwischen dem
schuldbewussten Okzident und dem schuldzuweisenden
Orient verdient unsere Aufmerksamkeit. Es gibt im
heutigen Islam Versuche die Kirchen im Okzident soweit
zu instrumentalisieren, dass ihnen von islamischer Seite
eine gemeinsame Plattform angeboten wird, um den
dekadenten und ausbeuterischen Westen zu bekaempfen.
Hierzu ein Beispiel: Der Vorsitzende des Hohen Rates der
Schi'iten im Libanon, Muhammad Mahdi Schams-a- Din, hat
im Jahre 1996 einem Aufsatz "Der islamisch- christliche
Dialog:die Notwendigkeit des Wagnisses" veroeffentlicht,
der in grossen Auszuegen von Prof. Adel Khoury in der
Festschrift fuer Sma'il Balic wiedergegeben wurde. Darin
erkennt der Autor drei Dialogkreise zwischen Muslimen
und Christen. Der Dialog der Kriege ist fuer ihn
Vergangenheit, da beide Religionen ihre politische Kraft
eingebuesst haben.(Ich stimme ihm im Bezug auf den Islam
nur bedingt zu.) Der theologische Dialog hat keine
Zukunft, da beide Religionen dogmatisch unvereinbar
bleiben werden. Es bleibt also der Dialog des
Zusammenlebens beider Religionen in den jeweiligen
sozio-politischen Systemen, sowohl in Europa als auch im
Nahen Osten. Schams-a-Din erkennt fuer beide Religionen
die gemeinsame Gefahr der materialistischen Dekadenz und
der Saekularisierung, die zu bekaempfen waeren. Er
verschweigt dabei, dass er die westliche Kultur und die
Verwestlichung in der arabischen Welt im Auge hat.
Schams- a-Din scheut sich nicht, die gemeinsame
Plattform auf der Judenfeindschaft errichten zu wollen.
Er hebt daher die Rezepierung der christlichen
Judenfeindschaft im Koran hervor:" die ablehnende
Haltung der Juden Jesus gegenueber und ihre Verleugnung
seiner Botschaft, ihre ungeheuerliche Verleumdung
gegenueber Maria und die Intrigen der Juden gegen Jesus
um ihn zu toeten".In seinem Fragekatalog zum Dialog
stellt er unverfroren die folgenden Fragen: " Welche
Haltung diktiert der Glaube im Bezug auf die Frage des
alten und neuen Imperialismus?" Aus dem nicht
uebersetzten Text geht hervor dass er die
Palaestinafrage und den "Siedlerimperialismus" meint.
Die andere Frage lautet:"Welche Haltung diktiert der
Glaube im Bezug auf den Rassismus?" Auch hier geht aus
der nicht uebersetzten Orginalfassung hervor, dass er
den "zionistischen Rassismus" meint. Die Marschroute
wird also deutlich. Das koranisch rezipierte Christentum
soll den Dialog offenbar attraktiver machen. Der Preis
fuer die gemeinsame Plattform ist aber die
Judenfeindschaft. Die im traditionellen Islam verbuergte
Gleichbehandlung der Juden und Christen als ahl-
al-Dhimma, wird somit aufgehoben. Es
bleibt zu hoffen, dass die katholischen Theologen, die
den Dialog mit dem Islam aus der Enzyklika "Nostrae
Aetate" des 2. Vatikankonzil ableiten, gleichzeitig die
dort erwaehnten Passagen zum Abbau der christlichen
Judenfeindschaft vor Augen haben. Unser Beispiel zeigt,
dass Schuldgefuehle auch zur Blindheit verfuehren
koennten. |
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Zusammenfassung |
Zusammenfassung: Die
Beziehungsgeschichte zwischen Orient und Okzident war
und ist durch eine lange Kette von gegensaetzlichen
Wahrnehmungen, aber auch von zeitweiliger gegenseitiger
Achtung gekennzeichnet. Oft wurden die Reformation, der
Rationalismus, die Aufklaerung, oder die Werte der
Franzoesischen Revolution als Erklaerungsmodelle
hinzugezogen, um den zivilisatorischen Vorsprung des
Okzidents gegenueber dem Orient zu vermitteln. Aus der
Krise des Osmanischen Reiches seit dem spaeten 17.
Jahrhundert folgerte man in Istanbul, dass man den
Okzident nachahmen sollte, um Anschluss an die Moderne
zu finden. Dieser Versuch setzte die Anerkennung der
eigenen Schwaeche und Unzulaenglichkeit voraus. Es war
der Machterhaltungstrieb, der die osmanische Herrschaft
zu dieser Erkenntnis fuehrte,wobei man auch religioese
Bedenken manchmal beiseite liess. In der zweiten Haelfte
des 20. Jahrhunderts wurde aber zunehmend klar, dass die
Nachahmung des Okzidents eine betraechtliche
Modernisierung herbeibrachte, aber eine Verwestlichung,
d.h. Verinnerlichung von westlichen Werten, kaum
erreicht wurde. Westliche Modernisierung kam in den
Verruf, nur den autokratischen arabischen Regimen beim
Machterhalt foerderlich zu sein. Die breite Masse in der
arabischen Welt sah die Moderne als repressive
Instrumente ihrer Herrscher. Die eklektische Nachahmung
des Westens war zum Scheitern verurteilt und wurde mit
zunehmender Rueckbesinnung und agressiver Interpretation
des Islam kompensiert. Eigene Unzulaenglichkeit wurde
nicht mehr zu gegeben. Die Schuldzuweisung an allem
Uebel wurde dem Westen und seinen Agenten zugeschoben.
Im Westen, der selbst in eine postmoderne
Orientierungskrise (Beliebigkeit der Werte) geraten ist,
weiss man nicht genau wie man mit diesen
Schuldzuweisungen umgehen soll. Das westliche Dilemma
wird deutlicher angesichts des zivilisatorischen Erbes
des Christentums und der Aufklaerung. Eine Kultur, die
Schuldbekenntnis und Selbstkritik gewohnt ist, neigt
auch dazu, die an sie gerichteten Schuldzuweisungen
ernst zu nehmen. Ich meine, dass mit zunehmender
Aggression des islamistischen Orients, sich der
Okzident aus eigenem Erhaltungstrieb zurueckbesinnen
muss und dem geistigen und politischen Konflikt mit dem
Orient letztendlich nicht ausweichen kann. Der erste
Schritt waere, das Kind beim Namen zu nennen und zu
konzidieren, dass wir uns in einer Konfrontation
befinden, die wir nicht ausgesucht haben.Wir sollten
dabei mit Umsicht und Entschlossenhheit vorgehen, ohne
uns selbst zu verleugnen. Durch behutsames Vorgehen
koennte man auch eine Entwicklung vermeiden, die Heine
in den Versen "An Edom" schon antizipiert hatte. Seine
Verse waren zwar auf den Konflikt zwischen Juden und
Christen gemuenzt, aber im Konflikt mit der
arabisch-islamischen Welt koennten sie sich bewahrheiten:
Jetzt wird unsre Freundschaft fester,
Und noch taeglich nimmt sie zu;
Denn ich selbst begann zu rasen,
Und ich werde fast wie Du. |
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hagalil.com
15-01-2003 |
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