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MEMRI Special Dispatch - 2. August 2004

Arabischer Medienexperte:
"Es gibt keine Journalisten in der arabischen Welt"

Der Feuilletonist Dr. Mamoun Fandy kritisiert in der in London erscheinenden Al-Sharq Al-Awsat die arabische Presse dafür, dass sie kein Forum für verschiedene Meinungen über und Perspektiven auf Entwicklungen in der arabischen Welt anbiete. Es folgen Auszüge aus seinem Artikel, der am 5. Juli 2004 erschien:

'Der Mangel an [arabischen] Journalisten ist peinlicherweise sehr deutlich'

"'Es gibt keine Journalisten in der arabischen Welt.' Das antworte mir der Herausgeber einer arabischen Zeitung auf meine Frage, warum die Geschichte des Journalismus nicht als Thema [in den Zeitungen] vorkomme. Seine Antwort verwunderte mich. Wie kann es sein, dass es in dieser großen arabischen Welt keine Journalisten gibt? Ich hörte die gleiche Klage von einem Verleger: "Wir haben Autoren, aber keine Journalisten."

Und tatsächlich, wenn man sich die arabische Medienberichterstattung bei Ereignissen wie der Gerichtsverhandlung gegen Saddam [Hussein] und der Situation im Irak im Allgemeinen anschaut, wird dieser Mangel an Journalisten peinlicherweise sehr deutlich. So wissen wir wenig über Saddam, der über 30 Jahre im Irak herrschte, abgesehen von einer einzigen abgedroschenen Geschichte über einen Portier oder Gemüsehändler in Ägypten, wo Saddam seine Jugend verbrachte. Wenn wenigstens diese Geschichte wahr wäre! Dieser Gemüsehändler hat seine Geschichte bereits mehr als einmal umgedichtet.

Es wäre interessant, herauszufinden, warum arabische Journalisten nicht hunderte von Interviews mit Leuten führen, die Saddam privat kannten, oder mit Familien, die unter den Zuständen der Saddam-Ära zu leiden hatten. Wurden nicht 300.000 Iraker in Massengräbern begraben? Oder ist dies auch eine amerikanische Lüge? Haben [die Opfer] keine Familien und Verwandte, die man interviewen könnte, oder ist ihr Schmerz und ihr Leben nicht wichtig?

Es wäre beispielsweise interessant über das Leben einer Frau zu erfahren, deren Ehemann und Kinder von Saddam ermordet wurden. Oder wie im Exil lebende Iraker von Ort zu Ort und Land zu Land zogen, und ob ihre Kinder Arabisch sprechen. Oder wie die französisch oder deutsch sprechenden [im Exil aufgewachsenen] Kinder mit der arabischen Sprache im neuen Irak klar kommen. Was halten sie von den arabischen Widerstandskämpfern und den Freunden Al-Zarqawis? Ziehen sie es vor, Beziehungen zu Menschen aus den benachbarten arabischen Ländern oder zu Europäern zu pflegen? Diese Leute besitzen alle einen Namen und haben [verschiedene] Meinungen über diese Angelegenheiten.

Es sollten tausende Geschichten über das Leben der Iraker geschrieben werden - aber wo sind die Journalisten?! Ist es der Mangel an professionellen Journalisten, dass diese journalistisch interessanten Geschichten unbekannt bleiben?

'Unsere Zeitungsberichte konzentrieren sich nur auf heroische Taten'

Es gibt viele verschiedene Arten über diese Angelegenheit zu recherchieren. Ein Zeitungsbesitzer oder der Inhaber eines Fernsehkanals könnten z.B. gewöhnliche Bürger finden, die über ihre persönlichen Erfahrungen mit Unterdrückung, Emigration oder dem Verlust von Verwandten sprechen. […] Ich fürchte aber, der Zeitungsbesitzer oder Produzent eines Radio- oder Fernsehkanals, der dies vorhat, würde Probleme bekommen.

Das erste [Problem] ist, dass unsere Kultur nicht wie die katholische Kultur ist, bei der das Geständnis eine wichtige Rolle spielt, insbesondere wenn jemand eine Sünde begangen hat. Wenn jemand ein Verbrechen, das er gegen sich selbst oder andere begangen hat, bekennt, wird dies [bei uns] nicht akzeptiert. Wir erziehen unsere Kinder [mit dem Glauben], dass es nicht männlich ist, zu bekennen, zu weinen oder anzuerkennen, dass Unterwerfung und Unterdrückung die Individualität zerstören oder vielleicht sogar die Männlichkeit beschädigen können. […]

Unsere Zeitungen akzeptieren nur Berichte von heroischen Taten, und sie übergehen die Schwierigkeiten. Das ist lobenswert. Aber es gibt viele persönliche Niederlagen, Schwächen und Quälereien, und wir müssen die, die solche Erfahrungen gemacht haben, darüber erzählen lassen. Dies erfordert eine Veränderung unserer Zeitungskultur, oder dessen, was man News-Room Culture nennt. Die Zeitungen müssen akzeptieren, dass es O-Töne gibt, die für sich selbst sprechen, dass es Menschen aus der Bevölkerung gibt, die die Meinung der Iraker, Ägypter, Syrer, Saudis oder Marokkaner wiedergeben. Jeder Mensch hat eine Meinung, und wenn man ihm die Möglichkeit gibt, dann schreibt er vielleicht einen besseren Kommentar als ein professioneller Kolumnist, da er etwas persönlich erlebt hat. Von diesen Stimmen der authentischen Experten ist nichts zu hören oder zu lesen. […]

Warum schreibt nicht beispielsweise ein Soldat, der gegen [Terroristen] gekämpft hat, über den Terror? Warum hören wir nicht die Meinung eines Kommandanten der städtischen Polizei einer arabischen Hauptstadt, wo es Zusammenstöße mit Terroristen gibt oder seinen Kommentar über unsere Rolle [d.h. der Journalisten], ob unsere Berichterstattung ihm hilft oder ihm das Leben schwer macht? Was ist seine Meinung über die ganze Sache? Bis zu diesem Moment haben wir noch von keinem von ihnen eine ausführliche Darstellung ihrer Meinungen gehört – abgesehen von einer Aussage hier und dort, in einem Anfängerstück eines Journalisten.

'Offizieller Respekt für einen Journalisten kann nur durch seine eigene Selbstachtung entstehen'

Es ist keine Schande für einen führenden Beamten, einen langen Artikel über seine Politik oder die Politik seines Ministeriums für die Meinungsseite einer Zeitung zu schreiben. Warum schreibt der amerikanische Außenminister Colin Powell alle drei Monate einen Artikel für die Washington Post oder die New York Times? Warum schreibt er einen langen Artikel, der einer Studie aus der Zeitschrift Foreign Affairs […] gleicht? Ich glaube, Powell und sogar Rumsfeld schreiben [für Zeitungen], um die Öffentlichkeit von ihrer Politik zu überzeugen, und wenn sie glauben, dass die Öffentlichkeit über einen ihrer Artikel murrt, dann werden sie einen neuen Artikel schreiben. […]

Bei uns fühlt sich ein Staatsmann nicht genötigt, seine Politik zu erklären, weil er denkt, die Leute unterstützen ihn unhinterfragt und deswegen bedarf es weder Erklärungen noch das Werben um Unterstützung.

Die Verantwortlichen bei uns schätzen die Presse nicht als Möglichkeit, Informationen zu übermitteln. Die Verantwortung dafür liegt teils bei den Journalisten und teils bei den Offiziellen. Der Anteil [der Verantwortung] des Journalisten besteht darin, dass es kein Journalist schafft, von den Offiziellen [als Übermittler von Informationen und Kommentator] respektiert zu werden. Respekt von offizieller Seite aber kann nur entstehen, wenn der Journalist seinen Beruf selbst respektiert. […] Der Journalist kann Respekt von offizieller Seite erlangen, wenn er viel von dem Thema, über das er spricht, versteht - und nicht bloß das Mikrophon vor dem Beamten aufstellt und ihn sagen lässt, was er will. […]

Aber auch unsere Regierungsbeamten verhalten sich seltsam. Anstatt dem Autoren eines Artikels dadurch zu antworten, indem er eine Replik schreibt, greift er zum Telefon und redet mit dem Herausgeber der Zeitung, damit dieser den Autoren zum Schweigen bringt.

Aber der wichtigste Punkt ist: Bei uns gibt es immer noch keine professionellen Journalisten. Der Beweis dafür sind die Berichterstattung über den Irak, die bis heute nur aus vielen Slogans besteht und der fehlende Respekt der Offiziellen gegenüber der Presse."

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hagalil.com 11-08-04

 

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