Al Jazira:
Sympathien mit Hamas und Jihad
Magdi Allam veröffentlichte am 4 Mai 2004 in der
angesehenen Mailänder Tageszeitung
Corriere della Sera ein
Interview mit dem jemenitischen Journalisten, das von Karl Pfeifer
redigiert und leicht gekürzt ins Deutsche übersetzt wurde.
Es spricht der jemenitische Journalist Munir
Mawari, der bei Al Jazira von 2000 bis 2003 gearbeitet hat. Allam
fragt in seiner Einleitung, weshalb die Entführer von drei
Italienern nach den ersten zwei Mitteilungen, die sie dem Sender Al
Arabia gaben, für die dritte Mitteilung Al Jazira wählten, die eine
schon bevorstehende Entlassung der Geisel blockierte.
Ausländische Beobachter konnten tatsächlich
registrieren, dass die bekannteste TV-Station der arabischen Welt
sich dazu hergibt als Sprachrohr von Bin Laden zu funktionieren.
Dank der Aussage des jemenitischen Journalisten Munir Mawari, der
drei Jahre dort gearbeitet hatte, können wir verstehen, wie und
warum Al Jazira ein wahrer und wirklicher Medienapparat des
integralistischen islamistischen Extremismus wurde: "Ich kann mit
Bestimmtheit sagen, dass 50-70 Prozent der Journalisten und der
Mitarbeiter der Administration bei Al Jazira entweder Vollmitglieder
oder Sympathisanten fundamentalistischer islamistischer Gruppen
sind." Während seines Vortrags
bei der Konferenz "Die Lichter des Islams gegen den
Fundamentalismus", die in Brüssel abgehalten wurde, sah Mawari sich
veranlasst zu behaupten: "Das wenigste was man sagen kann, ist, dass
es eine geistige Verstrickung der Al Jazira Journalisten bei der
Abschlachtung Unschuldiger gibt".
In einem Interview, dass er nachher gewährte,
erklärte er: "In der Redaktion machte man Scherze über einige
Kollegen die mit der Hamas und islamistischen Extremisten verbunden
sind. Ich spreche nicht über Journalisten aus der zweiten Reihe,
sondern von Chefredakteuren. Wir schauten zu, während diese
arbeiteten und sagten, dass sie ein "breaking news", eine aktuelle
Meldung über ein terroristisches Attentat vorbereiten, welches sich
erst einige Stunden danach ereignen sollte. Und sie verfügten über
alle Informationen. Sie mussten nichts anderes tun, als zu warten,
um die Anzahl der Opfer hinzufügen." Sie konnten das tun, weil sie
eng mit Hamas und mit dem islamischen Jihad verbunden waren.
Und trotzdem unterstreicht Mawari, Al Jazira ist 1996
als eine liberale Anstalt entstanden: "Drei Jahre war der Sender der
einzige in der arabischen Welt, der es wagte, israelische
Persönlichkeiten zu Wort kommen zu lassen. Gerade um den Verdacht
proisraelischer Sympathien von sich zu weisen, haben die Behörden
Katars bevorzugt palästinensische Journalisten aufgenommen und ihnen
volle Aktionsfreiheit gewährt. Palästinensische Journalisten, wenn
sie sich mit der eigenen Angelegenheit befassen, machen das als
emotional Beteiligte." Mawari
setzt fort, "diese Emotionalität explodierte am Beginn der zweiten
Intifada im September 2000. Während der ersten drei Tage, wurde ein
getöteter Palästinenser wie ein getöteter Israeli als „Toter“
definiert. Doch plötzlich protestierte eine Gruppe von Journalisten
und Angestellten. Der
Aufsichtsrat wurde einberufen und es wurde beschlossen, dass lebende
oder getötete Palästinenser Fedayin genannt werden, "diejenigen die
ihr eigenes Leben für den Frieden opfern". In einer darauf folgenden
Phase wurde beschlossen, die palästinensischen Opfer als Shahids,
Märtyrer zu bezeichnen, egal ob sie Selbstmordattentate durchgeführt
hatten oder in einem Kampf mit Israelis getötet wurden. Der Direktor
der online Ausgabe Mohammad Daoud, ein Palästinenser, sagte uns:
"Wir können uns nicht als neutral betrachten im Konflikt mit
Israel." Von da an war Al Jazira nie wieder neutral. Und so wurde
von einem Informationsmedium zu einem Meinungsmedium. Die Wahrheit
erlitt eine große Niederlage, weil die Einheitsmeinung bevorzugt
wird. Mawari bestätigt die
islamistische Verwicklung von Al Jazira als einen unaufhaltsamen
Prozess: "Mit der Entwicklung der Intifada wurde die Anzahl der mit
islamistischen Gruppen verbundenen Journalisten und Angestellten
größer. Die Mehrheit der Palästinenser sind Hamas-Mitglieder. Ein
großer Teil der Ägypter sind Mitglieder der Moslembrüder. Viele von
ihnen lebten zuvor in Afghanistan und Pakistan. Der Prozentsatz an
Liberalen ist minimal, und einflusslos. Schließlich gelang es den
Palästinensern die ganze Führung von Al Jazira in ihre Hände zu
bekommen. Der Generaldirektor, Waddah Khanfar, ist Palästinenser.
Der Chefredakteur Ahmed el-Sheikh ist Palästinenser. Der
Produktionsdirektor Ahmed al-Shoudy ist Palästinenser. Der große
Teil der Journalisten, Techniker und anderer Mitglieder des
Produktionsstabes sind Palästinenser".
Mehrfach haben wir uns gefragt, wie ist es möglich,
dass Katar, ein Alliierter des Westens gleichzeitig mit Bin Laden
sympathisiert. "Der Emir muss auf das interne Gleichgewicht achten"
– erklärt Mawari – "vom Moment an, seit dem Katar die größte
militärische Basis der USA im Nahen Osten beherbergt, musste er als
Gleichgewicht zur amerikanischen Präsenz die Al Kaida beherbergen,
das heißt auf arabisch die Basis, von Bin Laden".
Er fasst zusammen: "Mir scheint es klar, dass Bin
Laden Al Jazira wählte, weil er dort eine aufrichtige Sympathie für
seine Ideen konstatiert hat. Heute spornt Al Jazira im Irak die
Gewalt an und unterstützt den rebellischen irakischen Widerstand. Es
ist kein Widerstand. Das ist Terrorismus. Es ist klar, dass es die
Linie von Al Jazira ist, sich nicht an die Fakten zu halten, sondern
die eigene Erregung austoben zu lassen".
Quelle:
Corriere della Serra
hagalil.com
16-05-2004 |