"Die Juden treiben Amerika in den Krieg":
Eine haltlose Verschwörung
Leitartikel Ha'aretz, 14.03.2003
Übersetzung Daniela Marcus
In den Chor abscheulicher Aussagen, der schon
in Europa ertönt, haben kürzlich ähnliche Aussagen in den USA
eingestimmt. Es wird behauptet, "die Juden" treiben Amerika in den
Krieg gegen den Irak. Gemäß dieser neuen Version der
"Verschwörungstheorie", machen Juden in hohen Positionen der
amerikanischen Regierung heimlich gemeinsame Sache mit
einflussreichen jüdischen Tycoons in Amerika und deren israelischen
Partnern –herablassend als "Zionisten" bezeichnet-, um George Bush
und das Weiße Haus zu drängen, Saddam Husseins Regime zu stürzen,
damit der Nahe Osten sicherer für Israel wird.
Solche Behauptungen sind nicht neu. Im Jahr 1991
behauptete der amerikanische Kolumnist Pat Buchanan, dass
"Amen-Sager" in der Regierung "die Kriegstrommeln schlagen".
Buchanan und andere Leute auf beiden Seiten des politischen
Spektrums (inklusive des demokratischen Kongressabgeordneten Jim
Moran, der seine Bemerkungen inzwischen jedoch zurückgezogen hat),
setzen dieses Thema wieder auf die öffentliche Agenda in Amerika.
Kürzlich identifizierten die bösen Zungen eine Anzahl von Leuten als
sogenannte Verschwörer, wozu sie auch Paul Wolfowitz, Douglas Feith
und Richard Perle zählten.
Es ist klar, dass nicht jedes Argument gegen den
Krieg im Irak als antisemitisch bezeichnet werden kann. Die
weltweite Opposition gegen den Krieg ist groß und stammt aus einer
Vielzahl an Quellen. Doch das Argument, dass Amerika seine Soldaten
opfern wird, weil die Juden den amerikanischen Präsidenten
anstiften, Israels Interessen zu dienen, ist eine abscheuliche
Behauptung von Menschen, die versuchen, Israel und die Juden bei
jeder Gelegenheit zu beschuldigen. Und es ist eine haltlose
Behauptung in den Augen eines jeden, der mit den komplexen
Machtstrukturen in Washington vertraut ist.
Israel hat ein Interesse daran, Saddam Hussein zu
stürzen. Vor zwölf Jahren hat er das Land mit Raketen beschossen und
er hat niemals seine Ambitionen aufgegeben, Massenvernichtungswaffen
herzustellen, um sie auf Israel zu richten. Der irakische Herrscher
unterstützt auch palästinensischen Terror und fährt damit fort, den
Familien von Selbstmordattentätern großzügige Summen zu zahlen. Aus
dieser Perspektive betrachtet ist Israel kein unbeteiligter
Beobachter des erwarteten Zusammenstoßes zwischen der amerikanischen
und der irakischen Armee.
Deshalb überrascht es nicht, dass es in Israel
eine große Unterstützung für den amerikanischen Angriff gibt, selbst
wenn er in der UN keinen Rückhalt findet und trotz des Risikos, dass
der Irak auf den Anschlag mit dem Versuch reagieren wird,
israelische Städte zu beschießen. Israel ist es erlaubt, von den
Amerikanern zu erwarten, dass sie es vor der irakischen Bedrohung
schützen und dass sie mit aller Entschiedenheit und aller Macht
handeln. Es ist Israel natürlich auch erlaubt, sich klar für die
Eliminierung des irakischen Regimes auszusprechen.
Doch dies ist vor allem ein amerikanischer Krieg.
Die USA, die von internationalem Terror schwer getroffen sind, haben
entschieden, einen umfassenden Krieg gegen terroristische
Organisationen zu führen und gegen Länder, die den Weltfrieden
gefährden. Israel versucht nicht, sich in die Mitte der Bühne zu
stellen und es ist nicht daran interessiert, als das
Cheerleader-Team des Weißen Hauses dargestellt zu werden. Selbst
wenn es am Rande der allgemeinen Politik und der öffentlichen
Debatten Stimmen gibt, die versuchen, das zu tun, müssen die
Argumente derjenigen, die Verschwörungstheorien verbreiten und der
Antisemiten, die diesen Theorien ihre eigenen Stimmen anhängen,
strikt zurückgewiesen werden.
hagalil.com
16-03-2003 |