Vor Treffen des ägyptischen Präsidenten
mit George W. Bush:
Palästinenser lehnen Mubaraks Friedensplan ab
Arafat-Vertrauter: Eigener Staat muss
sofort gesamtes Westjordanland und Gaza- Streifen umfassen
Thorsten
Schmitz / SZ vom 08.06.2002 / Ressort:
Nachrichten
Jerusalem – Kurz vor einem Treffen
zwischen Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak und US-Präsident George W.
Bush in Camp David an diesem Samstag (08-06-02) haben die Palästinenser
Mubaraks Friedensplan abgelehnt. Der Plan Mubaraks, den er heute Bush
erläutern wird, favorisiert nach Angaben der New York Times die schnelle
Ausrufung eines Palästinenserstaates auf insgesamt 42 Prozent des
Autonomiegebietes im Westjordanland.
Innerhalb der folgenden drei Jahre solle
dann eine endgültige Friedensregelung zwischen Israel und den
Palästinensern gefunden werden. Nach Informationen israelischer
Tageszeitungen möchte Mubarak zugleich den Einfluss von
Palästinenserpräsident Jassir Arafat schwächen. Dieser solle innerhalb
eines Jahres als Präsident nurmehr symbolisch amtieren, ein zu wählender
Ministerpräsident solle die tatsächliche Macht im palästinensischen
Regierungsapparat erhalten.
Der Arafat-Vertraute Achmed Abdel Rachman
lehnte jedoch in der Nacht zu Donnerstag Mubaraks Friedensplan ab. In
Bezug auf die Gründung eines künftigen Staates Palästina werde es keine
Zwischenabkommen geben, die Autonomiebehörde bestehe auf dem gesamten
von Israel im Sechs-Tage-Krieg 1967 eroberten und annektierten
Westjordanland und dem Gaza-Streifen.
Israelischen Medienberichten vom Freitag
zufolge sieht die israelische Regierung dem Treffen zwischen Mubarak und
Bush mit Argwohn entgegen. Es werde befürchtet, dass die beiden
Staatsmänner sich darauf einigten, die voraussichtlich im Sommer
stattfindende internationale Nahost-Konferenz bereits für eine
endgültige Beendigung des Nahost-Konflikts zu nutzen. Regierungschef
Ariel Scharon, der am Montag mit Bush zusammentreffen wird, hält derzeit
höchstens tragfähige Teilabkommen mit den Palästinensern für
realistisch. Nach Angaben der Tageszeitung Jediot Achronot wird Scharon
dem US-Präsidenten angesichts der fortdauernden palästinensischen
Anschläge erklären, dass die Geduld Israels zu Ende sei und die
Regierung sich einer Ausweisung Arafats ins Exil annähere. Erst
vergangene Woche hatten der israelische Geheimdienst und der Generalstab
im Parlamentsausschuss erklärt, mit Arafat werde es zu keiner Beruhigung
der Lage kommen.
Präsident Bush kündigte für nächste Woche
neue Vorschläge für einen Nahost-Friedensprozess an. „Nach den Treffen
mit Präsident Hosni Mubarak und Premier Ariel Scharon werde ich mich an
die Nation wenden und aufzeigen, wie es meiner Ansicht nach weiter gehen
soll“, sagte Bush in Washington.
Die israelische Armee rückte am Freitag
erneut in Dschenin im Westjordanland ein. Die Soldaten hätten Häuser
durchsucht und eine vorläufige Ausgangssperre verhängt. Bei Razzien in
Ramallah, Tulkarem und in Flüchtlingslagern nahe Bethlehem und Hebron im
Westjordanland seien gestern zehn Palästinenser festgenommen worden,
meldete der israelische Rundfunk. Darunter sei auch eine 21-jährige
Frau, die einen Selbstmordanschlag geplant habe.
haGalil onLine 17-06-2002 |