Die ägyptische Tageszeitung al-Ahram veröffentlichte kürzlich
einen Artikel, in dem über die Probleme ägyptischer Staatsbürger bei der
Einreise in die Länder der Europäischen Union berichtet wird.
Insbesondere durch die Verschärfung der Regelungen nach den Anschlägen
vom 11. September und der folgenden Durchsetzung verschiedener
Sicherheitspakete stellen die Visabestimmungen eine immer höhere Hürde
dar.
Der Artikel erschien am 29. Juli 2002:
„Als Konsequenz der Ereignisse vom vergangenen 11. September haben die
Botschaften der westlichen Länder damit begonnen, ihre Regelungen bei
der Erteilung von Einreisevisa für die Antragsteller in Kairo zu
verschärfen. Diese Maßnahmen sind die Ursache für die Probleme, mit
denen viele Antragsteller besonders Kranke, die für eine ärztliche
Behandlung reisen müssen, oder Studenten, die im Ausland studieren,
konfrontiert sind. Auch Geschäftsleute haben bereits darunter zu leiden,
weil sie das Visum infolge dieser Regelungen nicht rechtzeitig oder
überhaupt nicht erhalten, wodurch ihre Geschäfte geschädigt werden.
Das Außenministerium hat bereits viele Beschwerden von Bürgern,
besonders von Kranken erhalten, die um Unterstützung [bei der
Beantragung von Visa] ersuchten. In einigen Fällen waren die Bemühungen
des Ministeriums erfolgreich, in anderen wird man sich weiter bemühen
müssen.
[…]
Der britische Botschafter in Kairo, John Swither, betont, 95% der
Antragsteller auf ein Einreisevisum erhielten dies mit Leichtigkeit
innerhalb eines oder einiger weniger Tage. Er weist jedoch darauf hin,
dass Verzögerungen bei den Visaanträgen für eine ärztliche Behandlung in
London vorkommen. Um hierfür ein Visum zu erteilen, muss die Botschaft
mit der Zieladresse Rücksprache halten, egal ob es sich nun um ein
Behandlungszentrum oder eine Ausbildungsstätte handelt. Swither
bemerkte, dass es ohne Komplikationen möglich sei, ein Visum für
Großbritannien zu erhalten, da Großbritanniens durch seine
Nichtzugehörigkeit zum Schengener Abkommen der EU-Länder bei der
Visaerteilung relativ unabhängig von der EU-Politik in dieser
Angelegenheit sei.
Im Gegensatz dazu bestätigt Nieg Lichtenfeld, Konsul der dänischen
Botschaft, dessen Land z. Zt. die EU-Ratspräsidentschaft innehat, dass
die Botschaften bei der Erteilung von Visa an die EU-Politik gebunden
sind. Mit dem Hinweis auf die Vorgehensweisen seiner Botschaft erklärt
er, dass der Umgang mit Antragstellern in Ägypten auf ihrer
Vertrauenswürdigkeit aufbaue. Im Falle eines ägyptischen
Geschäftsmannes, der öfter nach Dänemark reist, erhält dieser das Visum
sofort, weil er bereits bekannt ist und man darauf vertraut, dass er in
sein Land zurückkehrt. Lichtenfeld legt die Gründe dar, warum einige bei
der Erteilung von Visa Probleme haben. Er weist darauf hin, dass die
Anträge von Antragstellern, die noch nie in das Land eingereist sind,
zunächst an Einwanderungsbehörden weitergeleitet werden, um den Antrag
zu bearbeiten.
Michael Bedhoff, Presseattaché der deutschen Botschaft in Kairo,
bestätigt, dass die Erteilung eines Visums nicht länger als sechs Tage
dauert, jedoch nur bei der Erfüllung einiger Bedingungen. Der
Antragsteller benötigt eine persönliche Versicherung, ein Konto auf
seinem Namen sowie eine an ihn gerichtete Einladung, falls der
Antragsteller ein Visum für eine medizinische Behandlung beantragt.
Bedhoff begründet dies damit, dass einige Patienten nach Deutschland
kamen, ohne ihre Behandlungskosten abdecken zu können.
[…]
Die Befürchtungen, die sich in diesen Maßnahmen widerspiegeln, haben
nicht alle europäischen Länder heimgesucht. Die Verantwortlichen der
spanischen Botschaft beispielsweise bestätigen, dass es, nach dem 11.
September keine Veränderungen bei der Visumserteilung gegeben habe und
bestreiten, dass es irgendwelche Einschränkungen bei der Erteilung der
verschiedenen Visa gab. Sie legen dar, dass im Vergleich zum letzten
Jahr die Anzahl der Visa, die an Ägypter erteilt wurden, im Vergleich
zum letzten Jahr eher zugenommen habe.
[…]
In der letzten Zeit erreichten viele Beschwerden von Studenten, Kranken
und Geschäftsleuten das [ägyptische] Außenministerium. Wie geht das
Außenministerium mit solchen Beschwerden um?
Der Botschafter Muhammad Khairat Radi, Mitarbeiter des Außenministers,
erklärt, dass das Ministerium bei der Lösung von Problemen der Bürger
eine wichtige Rolle einnehme. Das Ministerium kümmere sich um Probleme
im In- und Ausland und bearbeite jede Beschwerde, die die Hilfe des
Ministeriums erfordere.
Hier wird die Bedeutung des Respekts vor der Souveränität und dem Recht
der einzelnen Staaten deutlich, ihre Politik und die Maßnahmen zum
Schutz ihrer Interessen zu bestimmen. Der Umgang mit den Beschwerden
baut schließlich auf den guten Beziehungen mit den Staaten der Welt auf.
Auch die persönlichen Kontakte zu den Verantwortlichen in den
Botschaften und Konsulaten sind von Bedeutung, um die besonderen
humanitären Fälle wie bei Krankheiten, die eine Reise ins Ausland
erfordern, zu klären. Dabei geht es jedoch nur darum, die konsularischen
Vorgänge zu beschleunigen und nicht, Ausnahmen zu erwirken.
Khaled Radi weist darauf hin, dass das Ministerium beispielsweise einen
Antrag von einem bekannten Geschäftsmann mit einem guten Ruf erhalten
habe, der das Ministerium darum bittet, bei der Beschleunigung seines
Visumantrags bei einer Botschaft eines europäischen Landes in Kairo
behilflich zu sein, da die Maßnahmen zur Visaerteilung die Angelegenheit
verzögere. Daraufhin habe man sich mit den Verantwortlichen für
konsularische Angelegenheiten in Verbindung gesetzt, um die
Visaerteilung zu erleichtern. So habe sich das Ministerium auch bei
einer anderen europäischen Botschaft eingeschaltet, um einem anderen
Bürger, der zur Behandlung in eines der Krankenhäuser des Landes reisen
wollte, die Visumserteilung zu erleichtern.
In einem dritten Fall hat die Botschaft eines europäischen Staates
einem Antrag entsprochen, einer Delegation von Mitarbeitern einer großen
nationalen Institution 50 Visa zu erteilen, um in der Hauptstadt bei
einer internationalen Ausstellung zu arbeiten. Diese Institution hatte
einen Antrag auf 120 Visa gestellt und das Ministerium setzte sich mit
der Botschaft des europäischen Landes in Verbindung, um die
Angelegenheit zu beschleunigen.
Probleme entstehen durch junge Männer, die einen Antrag zur Einreise in
ein europäisches Land stellen, um dort eine Chance auf Arbeit zu
bekommen, obwohl dieses Land selber unter Arbeitslosigkeit leidet. Sie
erhalten daher kein Einreisevisum, oder sie werden, falls sie auf
illegalem Weg oder mit einem nicht rechtmäßigen Visum eingereist sind,
ausgewiesen.
Um dieses Problem grundsätzlich zu lösen, empfiehlt das
Außenministerium den jungen Männern in ein nicht-europäisches Land zu
reisen, in dem es mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt und das ihre
Spezialisierungen und Erfahrungen benötigt, anstatt in Länder wie
Großbritannien, Frankreich, Italien oder andere europäische Länder zu
reisen, die keinen Bedarf an Arbeitskräften haben."
THE MIDDLE EAST MEDIA RESEARCH
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