MEMRI Special Dispatch – 13.
August 2002
Al-Ahram reagiert auf Vorwürfe eines
Pariser Gerichts:
Anstachelung zu antisemitischer Gewalt
Der Herausgeber der ägyptischen regierungsnahen
Tageszeitung al-Ahram, Ibrahim Nafie, wurde Anfang letzter Woche wegen der
Veröffentlichung eines antisemitischen Artikels von einem Pariser Gericht
vorgeladen. In einem Artikel, der am 28. Oktober 2000 in al-Ahram erschien,
erhob der bekannte ägyptische Journalist Adel Hamuda den Vorwurf, es gehöre zur
jüdischen Tradition, das traditionellen Mazah aus dem Blut von Nichtjuden zu
fertigen. Als Beleg für diese aus der christlich-antijüdischen Tradition
bekannten Anschuldigungen führte Hamuda die so genannte Damaskus Affäre von 1840
an, in der Juden für den Mord an einem Pater und dessen Gehilfen verantwortlich
gemacht wurden. Der Abdruck dieses
Ritualmordvorwurfes veranlasste die französische Organisation LICRA
dazu, Strafanzeige wegen der Anstachelung zum Hass und antisemitischer
Gewalt zu stellen. Die jetzt erfolgte Vorladung Nafies löste
insbesondere in der ägyptischen Presse eine Vielzahl von Reaktionen aus,
in denen das Verfahren kritisiert wird. Ibrahim Nafie veröffentlichte
verschiedene Erklärungen, mit denen er die Veröffentlichung des Artikels
rechtfertigte.Der folgende Artikel aus der englischsprachigen
Wochenzeitung al-Ahram Weekly, erschien in ausführlicherer Form auch in
der arabischsprachigen Zeitung al-Ahram. Der hier dokumentierte Artikel
erschien am 01. August 2002:
„In Ägypten sind wir an die hinterhältigen Angriffe gegen unsere Politiker
und Journalisten gewöhnt, die von der amerikanisch-zionistischen Lobby
in Abstimmung mit zionistischen Gruppen in Europa von Leine gelassen
werden. Der wichtigste gemeinsame Nenner dieser Kampagnen ist der
falsche Vorwurf des Antisemitismus. Dass die ägyptische Presse voller
Material sei, das offen darauf abziele, den Hass gegen die Juden zu
schüren, ist eine der am häufigsten wiederholten Anschuldigungen.
Mubarak selbst hat häufig darauf hingewiesen, dass die Araber auch
Semiten seien, weshalb der Vorwurf des Antisemitismus ein Widerspruch in
sich ist. Aber selbst, wenn man sie des Vorwurfs des Rassismus
bezichtigen würde, könnte man diese Behauptung nicht aufrechterhalten.
Rassismus ist eine Verhaltensweise, die auf der Neigung beruht,
bestimmten ethnischen Gruppen bestimmte immanente und stereotype
Charakterzüge zuzuschreiben. Zweifellos trifft diese Definition nicht
auf die ägyptischen Medien zu, in denen der Großteil des angeblich
‚Antisemitischen’ eigentlich nur Kritik an der Politik Israels ist und
die Methoden der israelischen Besatzungskräfte verurteilt.
Gleichzeitig könnte man zahlreiche Äußerungen von politischen und
religiösen Führern in Israel anbringen, die der Definition des Rassismus
genaustens entsprechen. Hierbei jedoch richtet sich der Rassismus gegen
Araber, muslimische wie auch christliche. Die Scheinheiligkeit dieser
Situation ist ungeheuerlich und verlangt eine entschlossene Haltung.
Vor mir liebt ein Bericht über ‚Antisemitismus’ in der ägyptischen Presse,
der in diplomatischen Kreisen in Kairo zirkulierte. Er besteht aus zwei
Teilen: Der erste umfasst Auszüge aus den als offiziell bezeichneten
Zeitungen, der zweite die Presse der Opposition. Gerade diese
Kategorisierung eignet sich besonders gut für die zionistische
Zielsetzung, da sie dazu beiträgt, die ägyptische Regierung für
unabhängige Ansichten aus den Medien verantwortlich zu machen.
Die überwältigende Mehrheit der so genannten Beispiele für Antisemitismus
aus diesem Bericht spiegeln tatsächlich die persönlichen Meinungen der
Autoren über die Politik Israels und die Grausamkeiten, die von der
Besetzungsarmee gegenüber Palästinensern begangen werden, wieder.
Typisch für diese zitierten Artikel ist einer, in dem die an
palästinensischen Schulkindern begangenen Kriegsverbrechen angeprangert
werden. Ist das antisemitisch? In einem anderen
in dem Bericht zitierten Artikel bezichtigt der Autor Israel des
Terrorismus. Kann man die Politik Israels gegenüber den Palästinensern
wirklich als etwas anderes als Terrorismus einer Besatzungsmacht und die
von der Besatzungsarmee in Jenin und Nablus begangenen Verbrechen als
etwas anderes als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnen? Warum
sonst hat der Sicherheitsrat die von den USA finanzierte
Kompromisslösung genehmigt, eine Untersuchungskommission nach Jenin und
Nablus zu schicken? Ein anderer angeblich
antisemitischer Artikel sprach von Terrorismus, der vor der Gründung
Israels von ‚zionistischen Gruppen’ gegen Palästinenser begangen wurde.
Ich würde vorschlagen, moderne israelische Historiker wie Ilan Pappe und
Benni Morris zu lesen, weil sie überzeugend belegen, dass der Terror ein
Hauptbestandteil des Denkens und der Taten von zionistischen Gruppen
war. Als ‚antisemitisch’ gebrandmarkt wird ein
auch Artikel, in dem Sharon als Kriegsverbrecher und Terrorist
beschrieben wird, nicht weniger böse als Bin Laden. Das ist wirklich
verwunderlich, gerade wenn man Sharons Rechtfertigungen nach dem
Einmarsch Israels in den Gazastreifen liest. Während er sich an dem
Abschlachten von unschuldigen Zivilisten weidete, unter denen ein zwei
Monate altes Kind war, bezeichnete er diese Offensive ‚als eine der
erfolgreichsten Operationen die Israel je durchgeführt hat’. Da Sharon
noch weitere Offensiven angekündigt hat, verurteilte die
UN-Menschenrechtsbeauftragte Mary Robinson Israels Handlungen als eine
Verletzung der Grundsätze von ‚demokratischen Staaten und
internationalem Recht’.
Wir kommen jetzt zu einer Sammlung von Artikeln, die nach Aussagen des
Berichts den Inbegriff des Antisemitismus darstellen. In diesen Artikeln
vergleichen die Autoren die Politik Israels mit dem Nationalsozialismus
und Sharon mit Hitler. Ich weiß, welche Wirkung solche Vergleiche auf
Europäer haben. Für Ägypter und Araber jedoch, für die diese Erfahrungen
nur sehr indirekt waren, repräsentiert der Nationalsozialismus eine
rassistische Bewegung, die Grausamkeiten gegen die Menschlichkeit in
Europa beging. Auf dieser Grundlage ist es nicht schwer zu verstehen,
warum ägyptische und arabische Autoren den Nationalsozialismus mit den
Methoden Sharons vergleichen. Obwohl weiterhin ein beträchtlicher
Unterschied besteht, gibt es trotzdem unübersehbare Gemeinsamkeiten
zwischen den Prämissen und Denkweisen der Nazis und der Zionisten.
In dem Buch Jewish Fundamentalism äußerte der späte Israel Shahak seine
Erschütterung über den fanatischen Rassismus von bestimmten jüdischen
Gruppen gegenüber Palästinensern und Arabern. Er verweist besonders auf
die Anhänger von Rabbi Koch, sowohl der Vater als auch der Sohn, und auf
Yehoshua Arieli, der behauptet, dass der Krieg von 1967 den Anfang einer
metaphysischen Transformation Israels markiere. Israels Sieg in diesem
Krieg ‚entriss das Land von der Macht des Teufels und verwandelte es in
ein göttliches Königreich’. Er fährt fort: ‚Jeder Rückzug aus diesem
Land wird metaphysische Konsequenzen haben, die es Satan ermöglichen
könnten, die Macht über dieses Land wiederzuerlangen.’ Die Bewegung, die
dieser Rabbi repräsentiert, rechtfertigt das Abschlachten von
Palästinensern mit der Begründung, dass solche Taten ‚das Land vom
Teufel und dem Bösen, das Gottes Zorn herausfordert, reinigt.’ Skahak
kommentierte: ‚Ändert man das Wort jüdisch in deutsch oder arisch und
nicht-jüdisch in jüdisch, so hat man das Credo, das Auschwitz in der
Vergangenheit möglich machte.’ Er fügt hinzu, dass die Ähnlichkeiten
zwischen dem jüdischen politischem Messianismus und dem deutschen
Nazismus glasklar seien, Nicht-Juden seien für die Befürworter vom
jüdischen politischen Messianismus genau das, was die Juden für die
Nazis waren."
THE MIDDLE EAST MEDIA RESEARCH
INSTITUTE (MEMRI)
eMail:
memri@memri.de,
URL:
www.memri.de
© Copyright 2002. Alle Rechte
vorbehalten.
hagalil.com
19-08-02 |